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Demos in Berlin und Stuttgart: Rente statt Raketen

Tausende demonstrieren in Berlin und Stuttgart gegen Krieg und Aufrüstung

Zahlreiche Menschen nahmen auch auf dem Stuttgarter Schlossplatz an einer Demonstration von Friedensinitiativen teil.
Zahlreiche Menschen nahmen auch auf dem Stuttgarter Schlossplatz an einer Demonstration von Friedensinitiativen teil.

Innerhalb weniger Tage war die Straße Unter den Linden in Berlin zum zweiten Mal weitgehend autofrei. Am 27. September hatte dort bereits die Großdemonstration »Alle Augen auf Gaza« stattgefunden, am 3. Oktober folgte nun eine bundesweite Friedensdemonstration. Schon am Mittag hatten sich Tausende auf dem Berliner Bebelplatz versammelt. Die Veranstalter*innen sprachen von rund 20 000 Teilnehmer*innen in Berlin und 15 000 in Stuttgart, wo zeitgleich ebenfalls eine Demonstration für Frieden und Abrüstung stattfand.

»Es ist eine der größten Antikriegsdemonstrationen der letzten Jahre«, meinte Annette Schelm, die extra aus Hamburg angereist war. Ihre Begleiterin, die anonym bleiben wollte, stimmte ihr zu: »Früher war der Bebelplatz halb leer. Heute stehen die Menschen fast bis zur Humboldt-Universität.«

Weit sichtbar waren die Botschaften gegen jeden Krieg. Vorne hatte die Initiative »1 Million Unterschriften gegen den Krieg« ihren Stand aufgebaut und sammelte Unterschriften für Frieden und Abrüstung. Vorbild ist der Krefelder Appell von 1980, für den damals mehrere Millionen Unterschriften gesammelt worden waren. So viel Zuspruch erhielt der Berliner Appell an diesem Freitag aber nicht. Eine Aktivistin macht dafür den einfachen Zugang zu sozialen Medien verantwortlich: »Appelle können im Internet in Sekunden unterzeichnet werden, das verringert besonders bei jungen Menschen das Interesse, auf der Straße zu unterschreiben.«

»Arbeiter*innen schießen nicht auf Arbeiter*innen«

Auf Kundgebung und anschließender Demonstration war der Anteil junger Menschen größer als in den Vorjahren. Vor allem linke Jugendverbände wie die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und der Jugendverband Rebell waren mit Fahnen und Transparenten präsent. Auf einem Lautsprecherwagen prangte das Transparent: »Arbeiter*innen schießen nicht auf Arbeiter*innen«.

Es sprachen Kolleg*innen aus verschiedenen Betrieben, nicht nur aus Deutschland. Eine Grußbotschaft von drei Mitgliedern einer georgischen Bergbaugewerkschaft wurde verlesen – sie sitzen im Gefängnis, weil sie die Interessen ihrer Kolleginnen vertreten hatten. Auch ein ehemaliges Betriebsratsmitglied aus dem Ruhrgebiet schilderte, wie kämpferische Gewerkschaftspolitik in Deutschland Repressalien nach sich ziehen kann: So sei er entlassen worden, nachdem er die Umweltverschmutzung seines Betriebs kritisiert hatte.

Viele Demonstrant*innen stellten auf Schildern den Zusammenhang zwischen zunehmender Aufrüstung und fehlendem Geld für soziale Zwecke dar. Auf einem Schild stand: »Rente statt Raketen«. Der bekannte Antimilitarist Jürgen Grässlin illustrierte dies mit einem persönlichen Beispiel: Vor Jahren kaufte er recht preiswert eine Aktie des Rheinmetall-Konzerns, um auf den Jahreshauptversammlungen Rederecht zu haben. »Mittlerweile ist diese Aktie 2800 Euro wert«, empörte sich Grässlin. Er ist wohl einer der wenigen Aktionäre, die sich darüber beschweren.

Grässlin betonte, wie wichtig es sei, dass die Friedensbewegung auf der Demonstration wieder vereint auftrete. Er verwies dabei auf jahrelange Debatten darüber, wie rechtsoffen mögliche Bündnispartner*innen sein dürften. Am Rande der Demonstration kritisierte eine kleine Gruppe aber auch diesmal die Teilnahme von Parteien und Initiativen wie der Kleinstpartei »Die Basis«, die als verschwörungsideologisch und rechtsoffen gelten. Auch einige Demonstrierende mit Deutschlandfahnen mussten ihre Banner auf Aufforderung der Ordnerinnen wieder einrollen. Zudem erinnerten Teilnehmende an die israelischen Geiseln, die weiterhin von der Hamas festgehalten werden – ein Thema, das auch auf der Bühne zur Sprache kam.

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