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Trumps Pendeldiplomatie
Wolfgang Hübner über das Auf und Ab in den Verhandlungen zum Ukraine-Krieg
Kommt der Frieden in der Ukraine – und wenn ja, wann? Diese Frage scheint inzwischen müßig, denn alle Versuche des US-Präsidenten, seine großspurige Ankündigung umzusetzen, sind bisher gescheitert. Innerhalb von 24 Stunden könne er den Krieg beenden, hatte Donald Trump im Wahlkampf behauptet, und das haben ihm schon damals höchstens eingefleischte Fans geglaubt.
Nun ist es nicht so, dass die Schuld am seit mehr als drei Jahren anhaltenden Krieg allein bei dem Mann im Weißen Haus liegt. Russland zeigt bislang auch kein Interesse daran, dass die Waffen schweigen. Aber das erratische Auf und Ab in Trumps Politiksimulation trägt keineswegs zur Verständigung bei. Der politisierende Milliardär praktiziert in Abwandlung etwas, was man in anderem Zusammenhang als Pendeldiplomatie bezeichnet: Unablässig pendelt er zwischen Zuwendung und Drohung gegenüber Moskau, zwischen Schmeichelei und Affront, zwischen Zuckerbrot und Peitsche. Das Chaotische spielt der russischen Führung in die Hände: Das Zuckerbrot nimmt sie gern, die Peitsche ist ihr im Wesentlichen egal.
Trump gefällt sich als der große Friedensstifter, der zwar im Inneren das Militär gegen die eigene Bevölkerung losschickt, sich aber damit brüstet, global einen Regionalkonflikt nach dem anderen zu beenden. Eben erst kündigten die USA an, den Streit um die Westsahara zwischen Marokko und Algerien beizulegen.
Der Unterschied: Russland ist eine Weltmacht – und eben nicht nur eine Regionalmacht, wie einst Trumps Amtsvorgänger Obama großspurig meinte –, die man nicht einfach so erpressen kann. Zumal hinter Russland mit China ein noch größerer Kontrahent steht.
Insofern wäre es konsequent und logisch, wenn Trump mit Chinas Präsident Xi über ein baldiges Ende des Tötens in der Ukraine spricht. Gelegenheit dazu wäre, wenn sie sich nächste Woche in Südkorea treffen. Denn es ist ja realistischerweise so: Wenn die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt diesen Krieg nicht mehr wollen, wäre er wirklich bald zu Ende. Das funktioniert aber erst, wenn beide Seiten keinen politischen oder ökonomischen Vorteil mehr aus diesem Krieg ziehen wollen.
Wenn es stimmt, dass Trump den Ukraine-Krieg abräumen möchte, damit er sich dem Hauptgegner China widmen kann, dann dürfte Peking kein großes Interesse an einem Kriegsende haben. Und Trump interessiert letztlich am meisten, dass die US-Rüstungskonzerne beim weltweiten Aufrüsten ihren Schnitt machen. Dabei ist er übrigens erfolgreich. Auch die sogenannte Koalition der Willigen, die am Freitag in London über weitere Schritte zur militärischen Unterstützung der Ukraine beriet, wird noch viel Geld in US-amerikanische Konzernkassen spülen.
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