Der Gipfel der Ironie

Sarah Yolanda Koss über den Sinn und Unsinn von Sozialkonferenzen zur weltweiten Ungleichheit

Die Skyline von Doha in Katar: Hier diskutieren diese Woche 14 000 Menschen über soziale Ungleichheit.
Die Skyline von Doha in Katar: Hier diskutieren diese Woche 14 000 Menschen über soziale Ungleichheit.

Futuristische Wolkenkratzer und künstliche Inseln inmitten der Wüste, Platz Acht unter den reichsten Ländern der Welt, vorne mit dabei bei den Staaten mit der höchsten Arbeitsmigration in den Niedriglohnsektor, mitunter von der NGO Amnesty International für moderne Sklaverei gerügt. Und nun ist Katar auch noch Gastgeber des Weltsozialgipfels. Gut 14 000 Menschen diskutieren derzeit unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen in Doha, wie Armut und soziale Ungleichheit reduziert, soziale Sicherheit und – der Gipfel der Ironie – gut bezahlte Arbeit ausgebaut werden könnten.

Dass auch noch am selben Tag eine Gruppe namhafter Ökonomen rund um den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz einen globalen »Ungleichheitsnotstand« anprangert, passt wie die Faust aufs Auge. Zwischen 2020 und 2024 entfielen, dem Bericht der Ökonomen zufolge, 41 Prozent des neu geschaffenen Vermögens auf das reichste Prozent der Menschheit. Die ärmstere Hälfte der Weltbevölkerung erhielt dagegen ein Prozent des Vermögensaufbaus.

Maßnahmen dagegen schlagen Ökonom*innen seit Jahren vor. Dazu gehören eine treffsichere Besteuerung multinationaler Unternehmen und vermögender Menschen, eine geringere Unternehmenskonzentration oder die Besteuerung großer Kapitalgewinne. Was es also braucht, ist die Umsetzung der Vorschläge, die schon lange auf dem Tisch liegen – und nicht weiteres Gerede von Regierungen, Wirtschaft und Organisationen im 46. Stock irgendeines glitzernden Hochhauses.

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