Costa Rica: Erfolg durch Lieferkettengesetz

Aldi-Lieferant zahlt Entschädigung an entlassene Gewerkschafter in Costa Rica

Die Bananenproduktion in Lateinamerika ist anfällig für Menschenrechtsverstöße.
Die Bananenproduktion in Lateinamerika ist anfällig für Menschenrechtsverstöße.

Jardín del Tigre heißt eine Bananenplantage an der costa-ricanischen Atlantikküste, die durch Berichte über Verstöße gegen Arbeitsrechte und Entlassung gewerkschaftlich organisierter Arbeiter auffiel. Diese erhalten nun nach mehr als zwei Jahren zumindest ihre Abfindung: Erfolg einer Oxfam-Beschwerde im Rahmen des Lieferkettengesetzes.

Cristino Hernández hatte seine Entlassungspapiere zum 11. August 2023 bekommen, nachdem er sich für die Arbeitsrechte engagiert hatte. Der heute 59-jährige Plantagenarbeiter war monatelang arbeitslos und brauchte lange, bis er einen neuen Job gefunden hatte. Zur jetzt gezahlten Abfindung sagt er gegenüber »nd«: »Das ist positiv, und ich weiß die Arbeit meiner Gewerkschaft zu schätzen.«

Der Erntearbeiter wurde wie sein Kollege Miguel Anchia entlassen. Rund vier Jahre hatten die beiden auf der Bananenplantage im Verwaltungsdistrikt Limón an der Karibikküste Costa Ricas gearbeitet. Sie gehörten zu einer Gruppe von 16 organisierten Arbeiter*innen, die zuerst entlassen wurden, als die Plantage im August 2023 den Besitzer wechselte. Didier Leitón, Sekretär der Gewerkschaft Sitrap, vermutete schon damals, dass dahinter nur ein Motiv stecken könne: »Sie wollten die organisierten Arbeiter auf der Farm gleich als Erstes loswerden.«

Dafür spricht, dass große Teile der 180 Arbeiter*innen zählenden alten Belegschaft wiedereingestellt wurden, nicht aber die organisierten. Dass die Compañeros rund zwei Jahre nach ihrer Entlassung nun eine Abfindung erhalten haben, ist ein Erfolg der Hartnäckigkeit von Gewerkschafter Leitón und der guten Kontakte zur Hilfsorganisation Oxfam. Deren Berliner Büro recherchierte und fand Belege, dass die Plantage trotz Anwesenheit der Arbeiter*innen aus der Luft mit gesundheitsgefährdenden Pestiziden besprüht wurde.

Oxfam formulierte eine Beschwerde und schickte diese an das für das Lieferkettengesetz zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) sowie an das importierende Unternehmen – in diesem Fall Aldi. Daraufhin nahm der Discounter Kontakt zu Sitrap, zum Produzenten und zu den Exporteuren vor Ort auf.

Auch wenn das Lieferkettengesetz ein solches Vorgehen vorsieht, agieren offenbar längst nicht alle Unternehmen derart lösungsorientiert. In einem ähnlichen Fall hätten die Supermarktketten Rewe und Edeka keine Maßnahmen ergriffen, um vergleichbare Konflikte beizulegen, berichtet Oxfam. Aldi hingegen habe eigene Untersuchungen angestellt und aktiv auf eine Lösung für die Betroffenen gedrängt.

So etwas wünsche sich Oxfam von allen Unternehmen, sagt Tim Zahn, Referent für Lieferketten, der den Fall über mehr als zwei Jahre begleitet hat. Es sei ein durchaus zäher Verhandlungsprozess gewesen, dessen »Ergebnis aber zeigt, dass das Lieferkettengesetz wirkt, denn es stärkt ganz konkret die Rechte von Betroffenen«. Dabei sei es essenziell, Gewerkschaften und Unternehmen an einen Tisch zu bringen, was in Costa Rica gelungen sei.

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Auch für den Aldi-Konzern, der von Oxfam in aller Regel nicht gelobt, sondern für Defizite in der Lieferkette gerügt wird, ist das Ergebnis nach mehr als zwei Jahren zäher Verhandlungen positiv: »Wir unterstützten ausdrücklich menschenrechtliche Sorgfaltspflicht-Gesetzgebungen wie das deutsche Lieferkettengesetz«, erklärt Maximilian Vogt, Direktor Nachhaltigkeit von Aldi Süd. Fälle wie der von Jardín del Tigre zeigten, dass solche Regelungen konkret zum Schutz der Betroffenen beitragen.

Gewerkschaftssekretär Didier Leitón weist darauf hin, dass zum ersten Mal in einem derartigen Fall Zahlungen an die entlassenen Arbeiter*innen geleistet worden seien. »Diese helfen den Menschen ganz unmittelbar. Ohne das Lieferkettengesetz hätten wir das nicht erreicht«, betont er. Etliche Gewerkschaften hätten Anwälte beauftragt, die dadurch entstehenden neuen Möglichkeiten auszuloten, denn in Costa Rica gebe es keine ausreichend unabhängige Justiz. Das gelte auch für Nachbarländer mit großer Bananenproduktion wie Guatemala, Honduras oder Ecuador.

Für Bananenarbeiter Cristino Hernández hat der Erfolg noch einen positiven Nebeneffekt: Er ist seine Schulden los.

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