... zäh wie Leder, dumm wie Brot
Feuerwehr trägt Poloshirts mit Hitler-Zitat und gibt sich ahnungslos
Feuerwehrwettkämpfe erregen im Allgemeinen wenig Aufsehen. Anders nun der erste Spreewaldcup, der am Wochenende im Lübbener Ortsteil Klein Radden stattfand. Zum ausdrücklichen Bedauern der dortigen Freiwilligen Feuerwehr (FF), die den Wettstreit organisierte, allerdings nicht aufgrund des Sportereignisses, sondern blauen Poloshirts, getragen vom Feuerwehrteam aus dem Cottbuser Stadtteil Groß Gaglow. Das besondere: Auf dem Rücken prangte in Frakturschrift »Flink wie die Windhunde, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl« – so stellte sich Hitler die deutsche Jugend vor.
Durch die Berichterstattung unter Druck geraten, veröffentlichten die FF aus Groß Gaglow und Klein Radden nun auf ihren Internetseiten Erklärungen, in denen sie sich von Rechtextremismus distanzieren. »Der Spruch auf den T-Shirts sollte einfach und allein den sportlichen Charakter der Wettkampfteilnehmer widerspiegeln. Uns war nicht bewusst, welche Brisanz in diesem Spruch wirklich steckt!«, schreibt die FF Groß Gaglow.
Echte oder vorgeschobene Ahnungslosigkeit spricht nicht nur aus diesem Erklärungsversuch. Der Fall offenbart ein gewaltiges Ausmaß an Unwissenheit und Ignoranz. Wie sonst lässt sich erklären, dass die Mitglieder der Jugendfeuerwehr bereits seit zwei Jahren mit diesen Hemden an Wettkämpfen teilnehmen, ohne dass sie jemals auf die Herkunft des Spruchs aufmerksam gemacht worden wären, wie der Gruppenchef beteuert. Auch das Publikum in Klein Radden störte sich nicht weiter an dem Hitler-Zitat.
Selbst wenn man an die Ahnungslosigkeit der Groß Gaglower glaubt, stellt sich die Frage, warum sie die Hemden nicht gewechselt haben, als sie vom Veranstalter auf den Ursprung des aufgedruckten Spruchs aufmerksam gemacht worden waren. Oder warum sie nicht nachdrücklich dazu aufgefordert worden sind, wie es sich auch Uwe Schulze vom Landesfeuerwehrverband Brandenburg gewünscht hätte: »Die Mannschaft hätte sofort aufgefordert werden müssen, die Shirts auszuziehen und bei Weigerung ausgeschlossen werden müssen.«
Für die besagten Feuerwehrleute indes haben die Hitler-Zitat-Polohemden neben dem Imageschaden keine weiteren Folgen. Laut Cottbuser Polizei werde in der Sache nicht weiter ermittelt, da nach Prüfung des Falls durch Bundes- und Landeskriminalamt kein Straftatbestand vorliege. Zunächst war von Amts wegen eine Anzeige aufgenommen worden, da der Verdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorlag. Die Shirts haben die Feuerwehrleute mittlerweile abgegeben.
»Hier mangelt es an politischer Bildung und Unkenntnis geschichtlicher Zusammenhänge«, wird Jörg Schönbohm (CDU), brandenburgischer Innenminister, von der Deutschen Presse Agentur zu dem Fall zitiert. Ein Satz, der nur zur Hälfte stimmt, denn an Unkenntnis geschichtlicher Zusammenhänge mangelt es nun leider gerade nicht.
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