Peter Harry singt sie gerne – der SSW nicht

Schleswig-Holstein: Dänenfeindliche Töne in der inoffiziellen Landeshymne

  • Folke Havekost
  • Lesedauer: 2 Min.
Der historische Konflikt zwischen Dänemark und Deutschland um Schleswig-Holstein spiegelt sich bis heute in der Hymne des Landes.

Die erste Zeile kennen viele, danach hört das Wissen ums Schleswig-Holstein-Lied jenseits der Waterkant meist schon auf. »Schleswig-Holstein meerumschlungen«, klar. Aber dann? »Deutscher Sitte hohe Wacht, wahre treu, was schwer errungen, bis ein schönrer Morgen tagt!«, dichtete im Jahr 1844 der Schleswiger Advokat Matthäus Friedrich Chemnitz und schloss die Strophe mit: »Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!«

»Schleswig-Holsteiner sind weltoffen und heimatverbunden. Mit diesem Lied verbinden die Leute in unserem Land etwas«, sagt Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, der nach jeder größeren CDU-Veranstaltung zur Melodie des Organisten Carl Gottlieb Bellmann die Stimme anhebt und singt. Die erste der sieben Strophen kann Carstensen auswendig, »der Rest kommt beim Singen«. Zumal der Ministerpräsident sich in der Regel taktisch klug postiert: »Wenn ich singe, stelle ich mich immer hinter den Notenständer.«

Taktische Fragen hatten schon 1844 eine wesentliche Rolle gespielt, als es auf dem Schleswiger Sängerfest zur Uraufführung von »Wanke nicht, mein Vaterland« (so der eigentliche Titel) kam. Schleswig, der nördliche Teil des heutigen Bundeslandes, war politisch an Dänemark angebunden, wogegen die deutsche Nationalbewegung vehement protestierte. Zu Bellmanns Melodie hatte der Berliner Rechtsanwalt Friedrich Straß bereits einen Text geschrieben: »Schleswig, Holstein, schöne Lande, wo mein Fuß die Welt betrat …« Als sich der deutsch-dänische Streit verschärfte, erschien die Straß-Vorlage den Organisatoren des Sangesfestes nicht mehr ausdrucksstark genug.

Chemnitz sprang ein, ersetzte symbolkräftig das Komma zwischen Schleswig und Holstein durch einen Bindestrich und lieferte einen Text, in dem wesentlich mehr von »deutscher Tugend« und »deutscher Treue« die Rede ist. Dänemark als Feind im Norden und Deutschland als Verbündeter im Süden wird vor allem in der dritten Strophe klar besungen: »Doch wenn innre Stürme wüten, drohend sich der Nord erhebt, schütze Gott die holden Blüten, die ein mildrer Süd belebt!«

Und was sagt der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zu den antidänischen Tönen in der Landeshymne? »Auf unseren Parteiversammlungen singen wir nur dänische Lieder«, lautet die salomonische Antwort von SSW-Sprecher Lars Erik Bethge.

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