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Urteilsspruch in Sachen Pechstein

CAS will heute entscheiden / Sportrechtsexperte Lehner: »Es sieht nicht gut für sie aus«

  • Jörg Mebus, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Heute zur Mittagszeit wird der Internationale Sportgerichtshof CAS das Urteil im Dopingfall der erfolgreichsten deutschen Winterolympionikin fällen. 290 Tage nach ihrem letzten Wettkampf wird die fünfmalige Olympiasiegerin dann wissen, ob ihre Karriere in Trümmern liegt oder ob sie weiter von der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Vancouver träumen darf.

Pechstein gibt sich weiter kämpferisch. »Seit der Verhandlung vor fast fünf Wochen hat sich an den Fakten nichts geändert. Und die sprechen eindeutig für mich«, schrieb die Berlinerin auf ihrer Homepage. Im Fall eines Schuldspruchs durch den CAS hat Pechstein bereits den Gang vor ein Zivilgericht angekündigt: Das Schweizer Bundesgericht in Lausanne und danach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wären ihre letzten Anlaufstellen.

Für Olympia qualifizieren kann sie sich nur noch bei den beiden folgenden Weltcups in Calgary (4. bis 6. Dezember) und Salt Lake City (11. bis 13. Dezember). Ein Platz im Flieger nach Calgary mit der Nationalmannschaft am Donnerstag ist für sie reserviert. Hebt der CAS die Sperre auf, wird Pechstein den Weltverband ISU auf Schadenersatz verklagen. Rechtsbeistand und Expertisen haben sie bislang angeblich eine Viertelmillion Euro gekostet. Viele Werbeverträge liegen auf Eis.

Die letzte ihrer zahlreichen Attacken gegen die ISU, die sie wegen auffälliger Blutwerte für zwei Jahre sperrte, hatte Pechstein am Montag gestartet. Ihre Anwälte beantragten die Wiedereröffnung ihrer CAS-Verhandlung, weil der ISU-Experte Pierre Sottas angeblich nicht mehr zu seiner Expertise, die Pechstein schwer belastete, stehe. Sottas wollte dies weder bestätigen noch dementieren.

»Das klingt wie ein Verzweiflungsschuss kurz vor Toresschluss. Solange eine Expertise vor dem CAS nicht offiziell zurückgezogen wurde, ist sie weiterhin gültig. Solche Spielchen sollte man von Pechstein-Seite tunlichst unterlassen. Sie hinterlassen einen faden Beigeschmack«, sagte der CAS-erfahrene Rechtsexperte Michael Lehner: »Ich bleibe bei meiner Einschätzung: Es sieht nicht gut für sie aus.«

Dass Pechstein im Falle eines Schuldspruchs vor der nächsten Instanz, dem Schweizer Bundesgericht, ein Startrecht für die Winterspiele einklagen könnte, hält Lehner für »nicht ausgeschlossen«. Er habe im Fall des Radsportlers Danilo Hondo einstweilige Verfügungen gegen Hondos Sperre erwirkt, sodass er wieder starten durfte. »Diese Chance hat auch Pechstein. Für einen Olympiastart würde es zeitlich eng werden.«

DOSB-Präsident Thomas Bach sieht derweil die Anwendbarkeit des indirekten Dopingbeweises, wie er im Fall Pechstein weltweit erstmals geführt wurde, auch nach dem Urteilsspruch nicht in Gefahr. »Wir sehen dem Urteil mit Spannung entgegen. Unabhängig vom Ausgang des Einzelfalls kann ich mir wegen der klaren Regeln nicht vorstellen, dass das Urteil den indirekten Beweis grundsätzlich verwirft«, sagte Bach: »Dies wäre im Übrigen ein herber Rückschlag in unserem Kampf gegen Doping und deshalb für die olympische Bewegung schwer hinnehmbar.« Bach, der auch Vorsitzender der CAS-Berufungskammer, kennt das Urteil noch nicht.

Auch Pechstein hat ihre Meinung zum indirekten Dopingnachweis: »Er zeigt doch am besten dann, dass er tatsächlich funktioniert, wenn er auch dazu in der Lage ist, die Unschuldigen zu schützen und freizusprechen.« Den ISU-Offiziellen warf sie vor, dass es ihnen nur noch um die Bestätigung ihrer Sperre ginge, »ganz gleich, um welchen Preis«.

Der Preis, den Pechstein zahlen müsste, wäre hoch. »Es geht nicht nur um ihre sportliche Karriere, es geht auch um ihren Ruf«, sagt ihr Anwalt Simon Bergmann. Und um den steht es denkbar schlecht, sollte der CAS entscheiden, dass Claudia Pechstein zu Recht Doping-gesperrt wurde.

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