Nürburgring-Affäre wird CDU-Problem
SPD fordert Unionsfraktionschef zum Rücktritt als Auschussvorsitzender auf
Die Nachbeben der Nürburgring-Affäre sind stärker als erwartet: Seit Wochenbeginn halten sich in Mainz hartnäckig Gerüchte, dass es einen weiteren Fall gibt, in dem polizeiliche Informationen über Geschäftspartner der Nürburgring GmbH unrechtmäßig nach außen gelangt sind. Hatte zunächst der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen den Untersuchungsausschuss verlassen, so legte kurz darauf mit Peter Dincher ein weiterer CDU-Parlamentarier sein Mandat nieder. Der Untersuchungsausschuss soll die Affäre um die gescheiterte Privatfinanzierung am Nürburgring aufklären, in deren Folge bereits Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) seinen Hut nehmen musste. Die CDU-Opposition im Mainzer Landtag war in Bedrängnis geraten, nachdem sich der Abgeordnete Billen über seine Tochter, Kriminalkommissarin in Landau/Pfalz, Einblick in Daten aus dem Polizeilichen Informationssystem (Polis) verschafft hatte. Zwar hatte Billen seinen Fehler zugegeben, seinen Rückzug aus dem Untersuchungsausschuss allerdings mit den Worten begründet, er wolle der SPD nicht ermöglichen, von der eigentlichen Aufklärung der Nürburgring-Affäre abzulenken.
Langfristige Krankmeldung
Auch der Abgeordnete Dincher soll sich Daten aus Polis verschafft haben. Der ehemalige Polizist legte inzwischen sein Mandat nieder. Er war vor einem Jahr als Nachrücker in den Landtag gekommen. CDU-Fraktionschef Christian Baldauf hat unterdessen seinen Parteifreund Billen aufgefordert, ebenfalls sein Landtagsmandat niederzulegen. Dieser Forderung hat sich auch der Fraktionsvorstand angeschlossen. Billen war zu Wochenanfang nicht für die Fraktion zu erreichen; er hat sich für die nächsten Wochen krank gemeldet.
Erst vor Kurzem hatte die CDU in Rheinland-Pfalz mit der Nominierung der 36-jährigen Julia Klöckner zur Herausforderin von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) Aufwind verspürt. Jetzt bekommt die neue Affäre eine Dimension, die der CDU erheblich schadet. Das gab inzwischen selbst Baldauf zu, der zugleich aber Rücktrittsforderungen seitens der SPD zurückwies. »Ich weiß von alledem nichts«, so der CDU-Landeschef.
SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff forderte den Rücktritt Baldaufs als Obmann im Untersuchungsausschuss. Offenbar habe man sich bei der CDU »skrupellos nicht rechtsstaatlicher Mittel bedient«. Er habe nicht geglaubt, dass dieses Handeln System haben könnte, sagte Hartloff. Baldauf drohte darauf mit einer Unterlassungsklage. Er hat inzwischen alle Fraktionsmitglieder gebeten, sich zu melden, falls es Hinweise auf weitere Fälle geben sollte. Für ihn gebe es keine Anhaltspunkte, dass seine Arbeitsgruppe im Ausschuss über Informationen aus dem Polizeilichen Informationssystem verfüge.
Verrat von Geheimnissen
Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen einen Anfangsverdacht wegen Geheimnisverrats gegen die Tochter Billens bestätigt. Auch im Fall ihres Vaters werde ein möglicher Anfangsverdacht geprüft.
Mit der Erlebniswelt »Nürburgring 2009« sollte die abgelegene Eifelregion mit touristischen Attraktionen belebt und die legendäre Rennstrecke aufgewertet werden. Zunächst wollte man das Projekt auf klassischem Wege finanzieren, doch blieben die Investoren aus. Nachdem eine umstrittene private Finanzierung fehl schlug, trat Minister Deubel zurück. Jetzt wird auch geprüft, ob die SPD-geführte Landesregierung leichtfertig Betrügern aufgesessen ist.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!