Minimalurteil

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 1 Min.

Nicht prinzipiell zu niedrig seien die Hartz-IV-Regelsätze, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Sie seien nur nicht »realitäts- und bedarfsgerecht« ermittelt worden. Im Klartext: Trotz großen Jubels bei Sozialverbänden und Parteien bedeutet das Urteil nicht, dass die rot-grüne Sozialkatastrophe Hartz IV als Ganzes gekippt wurde oder dass sich zumindest die Regelsätze in absehbarer Zeit deutlich erhöhen werden.

Den ursprünglichen Eckregelsatz von 345 Euro hatte die Bundesregierung mit einer trickreichen Berechnungsmethode genau auf den bereits eingeplanten Betrag »hinberechnet«: Vom Budget des ärmsten Fünftels der Erwerbstätigen wurden deren angenommene Ausgaben etwa für Pelzmäntel und Segelflugzeuge abgezogen – schon war der Eckregelsatz für »erwerbsfähige Hilfeempfänger« fertig. Diese Berechnungsgrundlage erklärte das Gericht nun für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Wenn die Regierung aber bis zum Jahresende auf einer neuen Berechnungsgrundlage »rein zufällig« zur gleichen Regelsatzhöhe wie bisher kommt – und das wird sie im Interesse der klammen Staatskasse versuchen –, haben Arbeitslosengeld-II-Bezieher wieder einmal nichts gewonnen.

Ein Erfolg für Erwerbslose, Sozialverbände und linke Politiker ist das Urteil dennoch – fordert es doch ein menschenwürdiges Existenzminimum ein. Dafür kämpfen Kläger und Unterstützer seit Jahren – in Zukunft mit höchstrichterlicher Rückendeckung.

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