Sympathie für Germany!

  • Martin Ling, Johannesburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer in Südafrika einkaufen will, kommt um die Shopping Mall, das Einkaufszentrum, nicht herum. Einzelhandel findet in Johannesburg außerhalb der Innenstadt so gut wie nicht statt, sieht man von den informellen Händlern ab, die an vielen Straßenecken sitzen und Kleinigkeiten anbieten, meist Essbares.

Das Einkaufszentrum ist mehr als nur funktionales Shoppingparadies mit Supermärkten, Bankfilialen oder Drogerien. Einige Südafrikaner fahren sogar nur zum Essen hin, ohne irgendeinen Einkauf zu erledigen.

Auch zur Freizeitgestaltung halten die Malls her. Während der WM stehen Tischkicker bereit, auf denen Jugendliche und Altersklassen darüber die Bafana Bafana nachspielen. Dazu gehört auch Adriano, ein schlanker Namensvetter des wegen Übergewichtes aus dem brasilianischen Kader verbannten Stürmers aus Rio de Janeiro. Brasilien gehören nach der heimischen Auswahl die meisten Sympathien am Kickertisch, an dem ein gnadenloser Ausscheidungswettbewerb zelebriert wird. Nach jedem Treffer wird gewechselt, der Torschütze bleibt am Tisch, der Rest stellt sich wie beim Tischtennis-Rundlauf hinten in die Reihe. Auch als Adriano ein Tor fängt, weil er von meinen Fragen abgelenkt wird, gibt es keine Nachsicht.

Wie überall in Südafrika, wird auch hier Sicherheit groß geschrieben. Wegen mangelnden Einkommens als unliebsam erachtete Personen sammeln sich nicht in, sondern außerhalb der Einkaufszentren. Sie werden vom Sicherheitspersonal argwöhnisch betrachtet, auch wenn es natürlich keine offiziellen Zutrittsverbote gibt. Pablo ist einer von den de facto Ausgeschlossenen, ein südafrikanischer Rastafari, der nach meiner Herkunft fragt. Nach der Antwort zieht er seinen Pullover hoch und präsentiert ein Germany-T-Shirt. Die Multikultitruppe des Neuen Deutschlands genießt in Südafrika nach dem erfolgreichen Auftaktspiel jede Menge Sympathien. Und ich dadurch auch.

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Unser Autor (ND-Foto: Burkhard Lange) ist Experte für Afrika, Lateinamerika und Entwicklungspolitik. Auf den Sportseiten des ND schreibt er meist über spanischen oder lateinamerikanischen Fußball.

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