Flüchtlinge weigern sich, Koffer zu packen

Die Verlegung von Asylbewerbern in Niederbayern wurde gestern verhindert

Die Bewohner eines baufälligen Asylbewerberheims im bayerischen Landshut sollten verlegt werden. Die Migranten weigerten sich auszuziehen und werden nun vorläufig in andere Unterkünfte der Stadt gebracht.

Möbelwagen und Bus standen schon zur Abfahrt bereit. Doch es kam anders, als die Regierung in Niederbayern es sich ausgemalt hatte: Gestern weigerten sich etwa 80 Asylbewerber, vorübergehend von Landshut nach Schöllnstein (Landkreis Deggendorf) zu ziehen. Grund für die Verlegung der Asylbewerber war nach Angaben der Regierungsbehörden die Einsturzgefahr des Landshuter Asylbewerberheims. Doch als am frühen Nachmittag der Bus abfuhr, saß außer dem Fahrer niemand drin.

Migrantenorganisationen und Einwohner Landshuts hatten in den vergangenen Tagen gegen die Unterbringung der Flüchtlinge in Schöllnstein im Bayerischen Wald protestiert. Menschen seien kein »Frachtgut«, sagte Alexander Thal vom Bayerische Flüchtlingsrat, das einfach hin und her transportiert werden könne. Die Migranten bezweifelten, dass sie nach dem Umzug zurück nach Landshut in eine alternative Unterkunft verlegt werden: »Wir haben kein Vertrauen zur Regierung von Niederbayern, dass sie uns tatsächlich wieder zurück lässt. Sie haben uns schon so viel versprochen, ohne sich daran zu halten«, so ein Bewohner des Lagers. Am Mittwoch hat Regierungspräsident Heinz Grunwald nach Auskunft der Bundestagsabgeordneten Kornelia Möller (LINKE) allerdings eine Rückkehr zugesichert. Möller ist über die bayerische Landesliste in den Bundestag eingezogen und hat sich vor Ort gegen die Verlegung engagiert.

Vorerst werden die Flüchtlinge nun in Landshuter Ersatzunterkünften einquartiert: Traumatisierte und Flüchtlinge mit einer Beschäftigung kommen in eine Sondersammelunterkunft, die von der Kirche aufgetan und von der niederbayerischen Regierung kurzfristig angemietet wurde. Dem Rest wird von der Stadt Landshut eine Bleibe zur Verfügung gestellt.

Wahrscheinlich ist, dass die Migranten ab Mitte kommender Woche in eine Kaserne ziehen, die zur Zeit leersteht. Vor dem Gebäude gibt es eine Baustelle, so dass die Leitungen für Strom und Wasser gekappt wurden. Das Gebäude wurde bereits wieder an das Strom- und Wassernetz angeschlossen, es fehlt lediglich noch die Abnahme durch Handwerksbetriebe.

Das marode Asylbewerberheim, in dem nach Auffassung von Thal »katastrophale Zustände« herrschen, wird geschlossen. Ein Neubau ist an einem anderen Ort geplant.

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