Ökologie als soziale Frage

LINKE geht in energiepolitische Offensive / Anti-Atombewegung skeptisch

  • Rainer Kreuzer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei will das Thema erneuerbare Energie und Atomausstieg künftig stärker als bisher in den politischen Fokus stellen. Den Anfang soll eine Konferenz in Hamburg machen, in die auch nichtparteiliche Experten eingebunden werden sollen.

Die Linkspartei hat in Hamburg eine Kampagne gegen Atomkraft gestartet. Angesichts der von der Bundesregierung für Oktober dieses Jahres geplanten Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke rufen mehrere Landtagsfraktionen sowie die Bundestagsfraktion zu einer Energiekonferenz am 3. und 4. September in Hamburg auf. Bei der laut eigener Ankündigung »plural besetzten« Veranstaltung sollen auch Vertreter von Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie der Solarexperte und SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer zu Wort kommen.

Bereits im Vorfeld der Konferenz finden sieben Veranstaltungen in ganz Norddeutschland zu den Themen Atomausstieg, Rekommunalisierung der Stromnetze sowie Armut und Energieversorgung statt, wie die Fraktionsvorsitzende der LINKEN in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dora Heyenn, am Mittwoch ankündigte. Ziel der Kampagne sei eine »hundertprozentige Energieversorgung aus erneuerbarer Energie« sowie »am Gemeinwohl orientierte Stadtwerke in öffentlicher Hand«.

Für die Kampagne haben sich mehrere Linksfraktionen zusammengeschlossen. Neben der Bundestagsfraktion gehören die Fraktionen aus den Landtagen in Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen sowie die Bürgerschaftsfraktionen in Bremen und Hamburg zu den Initiatoren. In Hamburg steht die Aktion auch im Kontext der aktuellen Regierungskrise. Angesichts des Rücktritts von Bürgermeister Ole von Beust sowie von vier Senatoren erscheinen vorzeitige Neuwahlen in der Hansestadt als möglich. Vor diesem Hintergrund greift die LINKE nun gezielt die Grün-Alternative Liste (GAL) auf einem traditionell grünen Terrain, der Energiepolitik, an.

Heyenn wirft dem schwarz-grünen Senat vor, dass weiter täglich Atomtransporte durch Hamburg rollen und die Hansestadt im bundesweiten Vergleich »Schlusslicht bei der Solarenergie« sei. Zudem sei innerhalb von 16 Monaten knapp 18 700 Haushalten wegen unbezahlter Rechnungen der Strom abgeschaltet worden. »Hier zeigt sich ganz praktisch, dass Energie und ökologische Fragen auch soziale Fragen sind.« Betroffen von der Kappung der Stromanschlüsse seien vor allem Arbeitslosengeld-II-Bezieher, kritisiert der LINKEN-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Joithe. Stromrechnungen müssten die Hilfeempfänger aus ihrem Regelsatz von monatlich 359 Euro bezahlen.

Für November werden erneut Castortransporte mit Atommüll nach Gorleben erwartet. Die Linkspartei rechnet mit einem »energiepolitisch heißen Herbst«, sagte Heyenn. Sie unterstütze die Proteste im Wendland.

Bei der überwiegend außerparlamentarischen Anti-Atombewegung stößt die neue Offensive der Linkspartei dennoch auf Skepsis. »Bei einem Teil der Bewegung wird das so wahrgenommen, dass Atomkraft nicht das große Herzensanliegen der Linkspartei war«, meint der Sprecher des Kampagnennetzwerks Campact, Yves Venedey. »Ich finde es gut, wenn sie sich jetzt verstärkt um das Thema Atomkraft kümmert.«

Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, betont vor allem seine grundsätzliche Distanz zu allen Parteien. »Wir sind unglaublich parteienfern und setzen auf die außerparlamentarische Bewegung.« Die Einladung zur Energiekonferenz habe er dennoch angenommen. »Wenn eine Partei unser Anliegen unterstützen will, kooperieren wir gern.« Zwischen Grünen und Linkspartei habe er aber keine Präferenz. »Die Grünen haben sich in ihrer Oppositionsrolle auf das Thema Atomausstieg rückbesonnen. Die Linkspartei hat das Thema neu entdeckt.«

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