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Nur per Auto zum Bahntermin

Sachsen klagt über zu langsame oder fehlende Fernzüge. Doch Abhilfe kommt frühestens 2014

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.
In Sachsen gab es ab 1839 die erste deutsche Fernbahnstrecke. Viele Trassen befinden sich auch heute auf historischem Niveau. Jetzt wurde Besserung versprochen – in vier Jahren.
Trotz neuer Brücken nur gemächlich zu befahren: die Strecke von Dresden über Sachsens Südwesten nach Bayern Foto: dpa
Trotz neuer Brücken nur gemächlich zu befahren: die Strecke von Dresden über Sachsens Südwesten nach Bayern Foto: dpa

Wer Zug fährt, sieht etwas von der Welt. Reisende zwischen Dresden und Berlin können sie indes gründlicher betrachten, als ihnen lieb ist. Positiv formuliert, gestaltet sich die Fahrt im Eurocity gemütlich. Für die 174 Kilometer braucht der Zug zwei Stunden und 25 Minuten.

Das ging schon schneller. Der legendäre Henschel-Wegmann-Zug mit verkleideter Dampflok brauchte im Jahr 1936 ganze 100 Minuten. Mitte der 70er Jahre und nach einem Ausbau zu Beginn der 90er schaffte man die Strecke immer noch in weniger als zwei Stunden. Im Winterfahrplan 2014 soll diese Grenze wieder unterboten werden. Das sagte DB-Chef Rüdiger Grube nach einem Treffen mit Sachsens CDU-Regierungschef Stanislaw Tillich in Dresden, zu dem Grube wegen der schlechten Verbindung freilich mit dem Auto anreiste. Auf 80 Kilometern Ausbaustrecke sollen Züge ab 2014 dann 200 Stundenkilometer fahren können.

Die Grünen bezweifeln, dass dieses Ziel ohne Verspätung erreicht wird. Die Aussagen blieben viel zu unscharf, sagt ihre Verkehrsexpertin Eva Jähnigen und verweist auf die teils ungeklärte Finanzierung.

Kein Fernzug aus Chemnitz

Auf Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hatte Jan Mücke, der FDP-Staatssekretär im Verkehrsministerium, unlängst erklärt, der Ausbau koste 802 Millionen Euro, von denen 430 Millionen »noch zu finanzieren« seien. Ob die Finanzierungsvereinbarung angesichts leerer Bundeskassen aber zustande kommt, bleibt abzuwarten. Immerhin steckt man in Berlin ehrgeizige Ziele: Die Strecke soll einmal in 74 Minuten bewältigt werden – halb so viel Zeit wie heute.

Freilich: Aus Dresden mögen die Fernzüge nicht schnell genug fahren. In Chemnitz, immerhin drittgrößte Stadt Sachsens und wichtiges Industrie- und Forschungszentrum, verkehren schon seit Jahren nur noch Regionalzüge. Eine direkte Verbindung nach Berlin ermöglicht nur die private Vogtlandbahn.

Trotz anhaltender Unmutsbekundungen wird sich daran auf absehbare Zeit nichts ändern. Beim Treff mit Tillich verwies Bahnchef Grube nur auf das gute Nahverkehrssystem, was in Chemnitz als Hohn empfunden werden dürfte. Die DB kutschiert Reisende von Chemnitz erst im Regionalexpress nach Leipzig, bevor die Fahrt im ICE weitergeht. Gemächlich bleibt zunächst auch die Reise von Dresden über Sachsens Südwesten nach Bayern. Die Sachsen-Franken-Magistrale wurde einst für dieselbetriebene Neigetechnik-ICE ausgebaut, nach deren Pannenfahrt aufs Abstellgleis aber mit Regionalzügen bedient.

Strom nur bis Hof

Nun wird sie zwar im Abschnitt von Reichenbach bis ins bayrische Hof elektrifiziert. Sachsen übernimmt einer jetzt unterzeichneten Vereinbarung zufolge 9,8 der 120 Millionen Euro Investitionskosten. 2014 soll die Oberleitung unter Strom stehen. Ab Hof aber greift der Stromabnehmer ins Leere: Wann die Strecke bis Nürnberg elektrifiziert wird, ist nicht absehbar.

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