Geben und Nehmen in Mainz

SPD oder CDU – wer rechnet besser?

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Die oppositionellen Christdemokraten von Rheinland-Pfalz haben ihr Thema für den Vorwahlkampf gefunden: Das Land müsse zeigen, dass es sparen wolle. Doch Anlass sind die jüngsten familienpolitischen Maßnahmen der SPD-Regierung, die allgemein ein positives Echo fanden.

Die rheinland-pfälzische CDU zögerte keine Minute, die politische Steilvorlage aus dem benachbarten Hessen aufzunehmen. Trotz Rekordverschuldung leiste sich die Landesregierung von Kurt Beck (SPD) seit Anfang August die Gratis-Betreuung von Kita-Kindern, hatte die Hessen-FDP kritisiert. Das Geld dafür komme aus dem Länderfinanzausgleich, in den Hessen jährlich zwei Milliarden Euro einzahle. Es könne nicht akzeptiert werden, dass Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, das zu den Empfängerländern gehöre, mit Steuergeldern aus Hessen »Wohltaten« beschlössen, die sich Hessen selbst nicht leiste.

Doch kein Empfängerland?

Der Länderfinanzausgleich ist nicht zum ersten Mal ein Streitpunkt zwischen den beiden Bundesländern. Diesmal hat die CDU nur auf einen geeigneten Anlass gewartet, die kostenlose Kinderbetreuung nämlich, um die Beck-Regierung unter Beschuss zu nehmen. Unterstützt von der hessischen FDP läutete die CDU damit sieben Monate vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz den Wahlkampf ein.

Der Mainzer Finanzminister Carsten Kühl (SPD) wehrte sich gegen die Attacken von der anderen Rheinseite und ließ Zahlen sprechen. Im sogenannten Umsatzvorwegausgleich habe Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr insgesamt 476 Millionen Euro abgeben müssen. In einem zweiten Schritt, in dem die Einnahmen aus der Gemeindesteuer einbezogen würden, habe Rheinland-Pfalz circa 293 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich erhalten. Summa summarum, so Minister Kühl, gehöre Rheinland-Pfalz nicht zu den Nehmer-, sondern zu den Geberländern. Und auch Hessen könnte sich eine entsprechende kostenlose Betreuung in den Kindergärten leisten.

Die SPD habe eine Debatte angefacht, »die sie jetzt nicht mehr los wird«, schaltete sich dann Julia Klöckner, CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im nächsten März, in die Diskussion ein. Jetzt werde über die Rekordverschuldung von Rheinland-Pfalz gesprochen werden, erklärte Klöckner laut Allgemeine Zeitung in Mainz. Dass die Landesregierung von Beck behaupte, Rheinland-Pfalz sei ein Geberland, lasse an deren Rechenkunst zweifeln. Im Hessischen Rundfunk betonte die 37-Jährige Beck-Herausforderin, Nehmerländer müssten gegenüber Geberländern wie Hessen »Zeichen setzen, dass wir willens sind zu sparen«.

Auch die FDP in Mainz sieht in dem Thema eine der wenigen Chancen zur Profilierung und schlägt in die Kerbe der CDU. Herbert Mertin, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, spricht von Versuchen der SPD, von der »gigantischen Schuldenpolitik« abzulenken. In diesem Zusammenhang hat die CDU-Fraktion die Landesregierung aufgefordert, einen Entschuldungsfonds für die Kommunen zu schaffen. Die finanzielle Lage der Kommunen in Rheinland-Pfalz sei katastrophal.

Kritik mit Nebenwirkung

Politische Beobachter in Mainz fragen sich nun, ob die Spitzenkandidatin der CDU gut beraten ist, ausgerechnet dieses Thema zu Beginn des Wahlkampfes aufzugreifen. Auch wenn Klöckner den Schwerpunkt ihrer Kritik auf die hohe Verschuldung des Landes legt, ist die Diskussion nicht von familienpolitischen Maßnahmen wie der Gebührenfreiheit für Kita-Kinder zu trennen. Und diese hat ein über Rheinland-Pfalz hinausgehend positives Echo gefunden.

Die SPD in Mainz fragt denn auch prompt, ob Frau Klöckner sich als hessische Ministerpräsidentin bewerben wolle. Ihre Solidarität scheine jedenfalls nicht den Menschen in Rheinland-Pfalz zu gelten.

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