Keine Neuwahl-Forderungen trotz »Regierungskrise«

CDU und FDP kritisieren NRW-Landesregierung scharf / Liberaler Landeschef bietet Ampel-Koalition an

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Tag nach der einstweiligen Anordnung des NRW-Verfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2010 wurde im Landtag heftig und leidenschaftlich debattiert über den – so Finanzminister Norbert Walter-Borjans: – »viel beachteten Beschluss«.

Zwar habe der Verfassungsgerichtshof der Regierung Auflagen erteilt, betonte Walter-Borjans. Die zentralen Forderungen der Opposition aber habe das Gericht abgelehnt, ihr vielmehr eine »deutliche Absage« erteilt für das Ansinnen, »die Handlungsfähigkeit der Landesregierung zu torpedieren«. Doch die Opposition konstruiere eine Regierungskrise – und beherrsche damit die Schlagzeilen.

Der Verfassungsgerichtshof hatte die Landesregierung vorgestern per einstweiliger Anordnung verpflichtet, keine neuen Schulden im Rahmen des Nachtragshaushalts aufzunehmen. Umschichtungen bleiben jedoch möglich. Eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache – Ist der Sonderetat verfassungswidrig? – wird binnen dreier Monate erwartet.

Das Gericht habe dem Finanzminister die »Bankvollmacht weggenommen«, tönte gestern CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. Das »Urteil« sei ein »historisches«, so der Christdemokrat – die juristische Korrektheit verletzend, denn ein »Urteil« haben die Münsteraner Richter durchaus nicht gefällt. Laumann sagte, er erwarte »ganz schlicht und ergreifend«, dass die Regierung nun »Recht und Gesetz einhalte« und verfassungskonforme Haushalte für die Jahre 2010 und 2011 vorlege.

Nicht ohne Süffisanz erinnerte Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen daran, dass die schwarz-gelben Haushalte der Jahre 2005, 2008 und 2009 als verfassungswidrig klassifiziert wurden. Trotzdem spielten sich CDU und FDP als »Hüter der Finanzen« auf. Linksfraktionschef Wolfgang Zimmermann sprach von einem Teilerfolg von CDU und FDP, die »lediglich eine sozialere Politik in NRW verhindern« wollten. Doch bleibe die Regierung weiter handlungsfähig. Den Nachtragshaushalt verteidigte Zimmermann als einen ersten »Bruch mit der neoliberalen Konsolidierungspolitik« früherer CDU- und SPD-geführter Regierungen. Gleichwohl blieben die Ausgaben »hinter dem Notwendigen zurück«, während die öffentlichen Kassen in Deutschland weiter geplündert würden.

Bei Neuwahlen haben CDU und FDP wenig zu gewinnen. Entsprechend fordern sie selbige nicht offensiv – allem Krisen-Getöse zum Trotze. Zunächst müsse das endgültige Scheitern von Rot-Grün festgestellt werden, sagte CDU-Landeschef Norbert Röttgen. Das sei erst der Fall, wenn das Verfassungsgericht den Nachtragshaushalt für verfassungswidrig erkläre und Rot-Grün im Landtag keine Mehrheit für einen neuen Nachtragshaushalt oder für den regulären Etat 2011 finde. Dann jedoch werde die CDU Neuwahlen »aktiv und offensiv betreiben«. FDP-Landeschef Daniel Bahr erneuerte das Angebot an SPD und Grüne, deren Minderheitsregierung durch eine Ampel-Koalition unter Einschluss der FDP zu ersetzen. Der rot-grüne Kurs »unter der Duldung der LINKEN« sei gescheitert. Nun gebe es eine »neue Chance« für Ampel-Gespräche. Erforderlich sei jedoch ein »erkennbarer Kurswechsel« von SPD und Grünen.

Gelassen reagierte der Städte- und Gemeindebund NRW auf die richterliche Anordnung: »Wir gehen nicht davon aus, dass die bereits an die Kommunen ausgezahlten 300 Millionen Euro zurückgefordert werden«, sagte Hauptgeschäftsführer Bernd Jürgen Schneider.

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