»Jamaika« hofft auf Linkspartei

Saar-SPD sagt Nein zur Schulreform. Nun braucht die Regierung die andere Oppositionspartei

  • Oliver Hilt, Saarbrücken
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Einführung einer Gemeinschaftsschule im Saarland steht nach dem Nein der SPD mehr denn je auf der Kippe. Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) setzt nun auf die LINKE.

Nach der Absage der Saar-SPD an die Gemeinschaftsschule droht das zweite große Schulreformprojekt der »Jamaika«-Regierung im Saarland zu scheitern. Jetzt ist die Linkspartei das Zünglein an der Waage. Sie könnte dem grünen Bildungsminister doch noch eine Verfassungsänderung ermöglichen. Als sich Bildungsminister Klaus Kessler am Mittwochnachmittag zu einer Kommentierung der SPD-Absage einfand, prangte hinter ihm das Transparent: »Gemeinsam geht Bildung besser«.

Auch wenn Kessler beteuerte, er habe mit einem Nein der SPD zur notwendigen Verfassungsreform gerechnet, war ihm die Enttäuschung deutlich anzumerken. »Die SPD frisst ihr eigenes Programm«, erklärte der Minister. Der SPD-Landesvorstand hatte am Abend zuvor einstimmig beschlossen, einer Verfassungsänderung zur Einführung einer Gemeinschaftsschule nicht zuzustimmen. Die Bedingungen seiner Partei seien »im Wesentlichen nicht erfüllt« worden, sagte Landeschef Heiko Maas. Und nur unter diesen Bedingungen hätte die Chance bestanden, dass die neue Schulform zu einem Erfolg hätte werden können.

Die Stunde der Taktiker

Mit der Absage droht dem grünen Bildungsminister bereits zum zweiten Mal ein Scheitern mit großen Reformvorhaben, die die Grünen den Regierungspartnern CDU und FDP im Koalitionsvertrag abgerungen hatten. Bereits 2010 hatten die Oppositionsfraktionen von SPD und Linkspartei den Plan für ein fünftes Grundschuljahr gekippt. Für die Reformen ist die Landesregierung auf die Opposition angewiesen, da im Saarland als einzigem Bundesland die Schulformen in der Verfassung verankert sind. Änderungen brauchen deshalb eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag, die die Regierungsparteien aber nicht haben.

Kessler zeigte sich deshalb auch gleich doppelt sauer auf die SPD. »Mehr als zehn Verbesserungsangebote« habe er im Laufe der Verhandlungen gegenüber seinem ursprünglichen Angebot gemacht, alle »orientiert an den Forderungen der SPD«. Die wiederum hätte ihre Forderungen immer wieder verschärft. Die Ablehnung sei aus parteitaktischen Gründen erfolgt, »um der Jamaika-Koalition an dieser Stelle keinen Vorteil zu gönnen«, wetterte Kessler. Erwartungsgemäß kritisierten auch die Koalitionspartner die SPD.

Der Minister sieht sich jedoch noch nicht ganz gescheitert. Gleich mehrfach verwies er auf die LINKE, die sich bislang noch nicht festgelegt hat. Das bestätigte auch deren Fraktionschef Oskar Lafontaine. Die Beratungen seien »noch nicht abgeschlossen«. Zentrale Fragen seien nach wie vor Klassengröße und Standorte. Und vor allem auch Lösungen für den zunehmenden Unterrichtsausfall. »Kleine Klassen bei zunehmendem Unterrichtsausfall, das kann nicht die Lösung für die saarländischen Schüler sein«, betonte Lafontaine. Die Bildungsexpertin der LINKEN, Barbar Spaniol, betonte, ihre Partei respektiere die Entscheidung der SPD, aber die sei eben »Sache der SPD«. Ihre Partei sei weiterhin »gesprächsbereit« und warte auf Vorschläge der Landesregierung, wobei Spaniol, wie auch ihr Fraktionschef, der Frage der Bekämpfung des Unterrichtsausfalls hohe Priorität zumaß.

Furchtloser Minister

Die Vorstellung, dass er ausgerechnet auf die LINKE für seine Schulreform angewiesen ist, schien den grünen Bildungsminister wenig zu beunruhigen. »Zwei-Drittel-Mehrheit ist Zwei-Drittel-Mehrheit«, und wie die zustandekomme, sei »unterm Strich egal, wenn es für die Bildung und die Schule im Saarland erfolgreich ist«.

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