Umstrittene Offshore-Windräder

Umfragen zeigen Gegner und Befürworter etwa gleich stark

  • Gert Lange
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Streit um den Bau von Windenergieanlagen in der Nord- und Ostsee ist noch nicht ausgestanden. Eine Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) hat ergeben, dass die Offshore-Anlagen in 83 Prozent der Gutachten öffentlicher Institutionen befürwortet werden. Naturschutzverbände sprechen sich genauso dafür aus wie Landesregierungen, Parteien auf Landesebene, Ministerien und die Wirtschaft.

Vor Ort sind die Meinungen zu Windkraftanlagen ziemlich gespalten. Klar zustimmende und absolut ablehnende Wertungen halten sich da etwa die Waage, sowohl bei Stellungnahmen (um 22 Prozent) als auch in Umfragen (um die 45 Prozent). Wer dazwischen liegt, macht sein Urteil von der Lösung spezifischer Probleme abhängig.

Die Biologin Kira Gee, Autorin der WZB-Studie, schätzt ein, dass die Unterstützung der Offshore-Windkraft nicht so sehr auf überzeugenden Gründen dafür, sondern eher auf einem Mangel an guten Gründen dagegen beruht. Zwei Haupteinwände betreffen den Naturschutz und die Fischerei. Das emotional aufgeladene Ziel, die Natur in ihrem ursprünglichen Zustand zu erhalten, führt zur Ablehnung jeglicher Meerestechnik. Dass trotz Vorsichtsmaßnahmen während der Bauphase die Lebenswelt gestört wird, bezweifelt niemand.

Einwände der Fischwirtschaft gegen weitere Genehmigungen von Windanlagen wurzeln in der Befürchtung, weitere Gebiete in der Nordsee würden dann für die Fischer nicht mehr zugänglich sein. Das wiederum ist ein Aspekt, der dem Anliegen von Naturschützern entgegenkommt. Und die Argumentation der Fischereiunternehmen dürfte sich als kurzsichtig erweisen, wenn sich die Fischgründe erholen und in den freien Gebieten vielleicht eine höhere Tonnage eingefahren werden kann.

Die Bewohner der Küstengebiete wiederum befürchten eine »Verschandelung des Meeres« und den Verlust des freien Horizonts (fast 22 Prozent). Diese Kritik ist vom Ideal des mit dem grenzenlosen freien Blick verbundenen Heimatgefühls geprägt. Dass die geplanten Anlagen außer Sicht liegen, wird kaum beachtet.

Ein weiteres Problem ist die Trassenführung der elektrischen Kabel zum Festland. Es ist vorgesehen, die Leitungen zu bündeln und geschlossen abzusenken. Ohne Zweifel wird das Wattenmeer durch dem massiven Eingriff am stärksten beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung hält sich auf der Südtrasse über Norderney aber in Grenzen, weil die Leitung das Watt auf kürzestem Wege quert. Die Windparks am nördlichen Rand der deutschen Wirtschaftszone sollen nach jetzigem Plan den Strom über eine Trasse leiten, die durch den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer nach Büsum führt.

Manche Biologen sorgen sich, weil die immerhin ofenrohrdicken Kabel ein elektrisches Feld induzieren. Diskutiert wird, ob die Trassen für Fische, die sich am Magnetfeld orientieren – zum Beispiel Aale – wie eine Barriere wirken. So könnten sie vielleicht nicht mehr zu ihren Paarungs- und Laichgewässern finden. Zudem könne sich der Boden in unmittelbarer Umgebung durch die Kabel erwärmen; es bilden sich andere Lebensgemeinschaften. Über all das gibt es keine gesicherten Erkenntnisse oder Untersuchungen. Auch wie die Offshore-Parks insgesamt Stoffflüsse und Nahrungsnetz verändern – summa summarum eine große Fläche – ist noch eine offene Frage.

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