Warnung vor belastetem Trinkwasser in Tokio

Reparaturarbeiten am Katastrophen-AKW Fukushima stocken / Erhöhte Strahlung befürchtet

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Belastetes Trinkwasser in Tokio, Probleme am Atomkraftwerk Fukushima und Nachbeben: In Japan ist knapp zwei Wochen nach der Erdbebenkatastrophe keine Entspannung in Sicht.

Tokio/Berlin (Agenturen/ND). In einer Wasseraufbereitungsanlage Tokios seien erhöhte Werte an radioaktivem Jod 131 festgestellt worden, sagte ein Sprecher der Hauptstadtpräfektur. Der Wert habe 210 Becquerel pro Liter betragen. Der Grenzwert des Gesundheitsministeriums liegt für Babys bei 100 Becquerel pro Kilogramm – das entspricht einem Liter Wasser. Für Erwachsene und ältere Kinder beträgt der Grenzwert in Japan 300 Becquerel pro Kilo. Regierungssprecher Yukio Edano betonte, dass die Grenzwerte sehr streng seien. In Deutschland dürfen Milch und Säuglingsnahrung zum Beispiel mit mehr als 370 Becquerel pro Liter nicht mehr in den Handel. Kinder unter einem Jahr sollen in allen zentralen Bezirken in Tokio und in mehreren westlich gelegenen Städten kein Leitungswasser mehr trinken. Auch damit zubereitetes Milchpulver ist tabu. Der Gouverneur der Hauptstadtpräfektur Tokio, Shintaro Ishihara, rief zur Ruhe auf. Die Warnung sei eine Vorsichtsmaßnahme, da sich das radioaktive Jod über die Zeit in der Schilddrüse konzentrieren könne.

Regierungssprecher Edano warnte vor Panikkäufen von abgefülltem Wasser. Schon zuvor war im Trinkwasser in fünf Orten der Präfektur Fukushima ein für Babys zu hoher Wert an radioaktivem Jod gemessen worden.

Eigentlich wollten die Arbeiter am Mittwoch versuchen, die Stromversorgung in den Problemmeilern des Atomkraftwerks Fukushima wieder herzustellen. Damit soll das defekte Kühlsystem angeworfen werden, um eine drohende Kernschmelze aufzuhalten. Doch neuer Rauch über Block 3 verhinderte das. Die Helfer mussten das Gelände verlassen, berichtete der Sender NHK. Der Reaktor konnte auch nicht wie geplant mit Wasser besprüht werden, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo. Zudem bestünden Sorgen, weil die Temperaturen in Reaktor 1 und 3 stiegen. Das Erdbeben und der Tsunami hatten das Kraftwerk Fukushima Eins teilweise zerstört.

Auch außerhalb der Sicherheitszone von 30 Kilometern um das Atom-Wrack könnte nach Schätzungen der Regierung womöglich stark erhöhte radioaktive Strahlung auftreten. Die Evakuierungszone – sie beträgt 20 Kilometer – soll dennoch nicht erweitert werden. An manchen Orten außerhalb der Sicherheitszone könnte die Strahlung zeitweise bei mehr als 100 Millisievert pro Stunde liegen, sagte Regierungssprecher Edano. Dabei bezog er sich auf eine Computer-Simulation. Die natürliche Hintergrundstrahlung liegt bei etwa 2 Millisievert pro Jahr. In dem Dorf Iitate, 40 Kilometer von dem Kraftwerk entfernt, wurden bereits jetzt extrem hohe Cäsium-137-Werte gemessen, berichtete NHK.

Die Regierung riet den Menschen, keinen Spinat oder Kohl aus Fukushima zu essen. Für immer mehr Gemüse aus der Gegend um das Krisenkraftwerk gilt ein Lieferstopp. Das Gesundheitsministerium veröffentlichte dazu eine Liste mit elf Gemüsearten, bei denen eine teils drastisch erhöhte Radioaktivität festgestellt wurde.

Der Deutsche Bundestag beriet am Mittwochabend auf Antrag der LINKEN in einer Aktuellen Stunde über konkrete Anforderungen für die Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke.

Seiten 6 und 8

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