Sarrazin darf in der SPD bleiben

Einigung vor der Schiedskommission / Politiker hält an Thesen fest

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Die SPD-Spitze wollte Berlins Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin nicht länger in der Partei dulden. Doch der Streit endete mit einer Einigung.

Berlin (Agenturen/ND). Thilo Sarrazin bleibt SPD-Mitglied. Das zweite Ausschlussverfahren des umstrittenen Ex-Bundesbankers endete mit einer gütlichen Einigung. Die Antragsteller – darunter die Bundes-SPD – zogen ihre Ausschlussanträge auf Basis einer Erklärung von Sarrazin zurück, gab die Vorsitzende der Schiedskommission des Berliner Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf, Sybille Uken, am Donnerstag bekannt. Im Dezember 2009 hatte dieselbe Schiedskommission Sarrazin vom Vorwurf rassistischer Äußerungen und parteischädigenden Verhaltens freigesprochen.

Die Partei-Spitze verteidigte die Beendigung des Verfahrens. »Wir haben dies in gemeinsamer Verantwortung für die SPD getan«, so Generalsekretärin Andrea Nahles zu der Entscheidung, die Ausschlussanträge zurückzuziehen.

Der Zwist hatte sich an Sarrazins Thesen zur Integrationspolitik und seinen Vererbungstheorien entzündet. In seinem Buch »Deutschland schafft sich ab« hatte der Volkswirt muslimischen Zuwanderern eine Integrations- und Leistungsbereitschaft abgesprochen. Muslime seien generell schlechter gebildet und Intelligenz größtenteils erblich bedingt. Bildungsprogramme auch für die deutsche Unterschicht verfehlten größtenteils ihren Zweck und seien verschwendetes Geld.

Aus Sicht der SPD-Spitze verstieß Sarrazin damit gegen Grundsätze der Sozialdemokratie. Sie warf Sarrazin einen elitären Ansatz vor. Der Ex-Senator gehe von einer Klassengesellschaft mit einer Unter- und einer Oberschicht aus, die sich auch durch gleiche Bildungschancen für alle nach seiner Ansicht nicht verändere.

In der Erklärung distanzierte sich Sarrazin nicht von seinen umstrittenen Thesen. Stattdessen versicherte er, was er alles nicht habe ausdrücken oder bewirken wollen. Er habe weder Migranten diskriminieren noch sozialdemokratische Grundsätze verletzen wollen.

SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner hat sich enttäuscht darüber gezeigt, dass Thilo Sarrazin in der Partei bleiben darf. Die gütliche Einigung sei zu akzeptieren, sagte Stegner am Donnerstagabend zu »Spiegel Online«. Zugleich betonte er: »Inakzeptabel bleibt der intolerante Stuss, mit dem Thilo Sarrazin neuerdings reichlich Geld verdient.«

Kommentar Seite 8

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