Retten Kommunisten den Revolutionär?
Aufregung in Paris: Robespierre-Papiere kamen gestern unter den Versteigerungshammer
Zwei Jahrhunderte nach seiner Enthauptung auf dem heutigen Concorde-Platz ist Robespierre wieder da. Nur wenige hundert Meter entfernt, bei der französischen Filiale des Versteigerungshauses Sotheby, kamen gestern Handschriften des Revolutionärs unter den Hammer.
Es handelt sich um 113 Seiten mit Notizen und vor allem Entwürfen für Reden aus der Zeit zwischen Januar 1792 und Juli 1794. Die Dokumentensammlung von Maximilien de Robespierre wird zusammen mit Unterlagen seines Freundes Le Bas angeboten, in dessen Familie all diese Papiere seither aufbewahrt wurden. Der Gesamtwert wird auf 200 000 bis 300 000 Euro geschätzt.
Als Robespierre am 27. Juli 1794 im Konvent wegen seines »revolutionären Terrors« fallengelassen und verurteilt wurde, flüchtete er zusammen mit seinem Bruder Augustin sowie Philippe Le Bas, Couthon, Saint-Just und weiteren engen Freunden ins Pariser Rathaus. Als dieses mitten in der Nacht gestürmt wurde, erschoss sich Le Bas, und auch Robespierre versuchte dies, zertümmerte sich aber nur den Unterkiefer. Stunden später wurde er auf der Guillotine enthauptet, zusammen mit Saint-Just und Couthon.
Als Robespierres Untermieter-Zimmer bei Maurice Duplay in der nahen Rue Saint-Honoré durchsucht und all sein bescheidener Besitz beschlagnahmt wurde, hatte die Familie Duplay bereits seine Papiere in Sicherheit gebracht. Durch die Heirat einer Tochter, Elisabeth Duplay, mit Pilippe Le Bas, einem Sohn von Robespierres Freund, kam der Nachlass in diese Familie, in der er mehr als zwei Jahrhunderte lang blieb.
Jetzt stellt sich die Frage, wo diese für die französische Geschichte einzigartigen Dokumente bleiben werden. Weder das Staatsarchiv noch die Nationalbiblithek haben bisher die Absicht angedeutet, von ihrem gesetzlichen Vorkaufsrecht Gebraucht zu machen. Der linke Revolutionär kann bei der gegenwärtigen Rechtsregierung in Frankreich auf wenig Freunde zählen. In einem von der Zeitung »Le Monde« veröffentlichten offenen Brief mit dem provokativen Titel »Rettet Robespierre!« hat Professor Pierre Serna, Direktor des Instituts für Revolutionsgeschichte an der Universität Sorbonne, gewarnt: »Es wäre ein großer Verlust, wenn diese unersetzlichen Papiere Robespierres in Privathand oder – was noch beschämender wäre – in eine Bibliothek im Ausland gelangen würden, nur weil unser Staat versagt hat.«
Die kommunistische Zeitung »L’Humanité« hat zu einer Sammlung aufgerufen, die bereits mehrere zehntausend Euro erbracht hat, um den Erwerb der Robespierre-Papiere durch eine französische Bibliothek zu unterstützen. Der FKP-Vorsitzende Pierre Laurent hatte angekündigt, dass er bei der Versteigerung (die bei Redaktionsschluss andauerte) anwesend sein werde.
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