Ausverkauf geht in die letzte Runde

Bund will Treuhandnachfolger TLG Immobilien im kommenden Jahr privatisieren

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die berüchtigte Treuhandanstalt wurde zwar bereits Ende 1994 aufgelöst. Doch eines ihrer Nachfolgeunternehmen, die bundeseigene TLG, macht nach wie vor gute Geschäfte mit ostdeutschen Immobilien. Nun soll die TLG privatisiert werden. Auch 12 000 ostdeutsche Wohnungen stehen damit zum Verkauf.
Das Logo auf dem Dach täuscht. Die TLG sitzt nicht mehr am Alexanderplatz, sondern im feinen Berolina-Haus am Berliner Hausvogteiplatz.
Das Logo auf dem Dach täuscht. Die TLG sitzt nicht mehr am Alexanderplatz, sondern im feinen Berolina-Haus am Berliner Hausvogteiplatz.

Seit beinahe 21 Jahren wird das ehemalige DDR-Volkseigentum an Immobilien, Grund und Boden nun bereits verhökert. Da sollte man meinen, dass die Filetstücke längst veräußert worden sind und die Verwaltung der verbleibenden Objekte ein Zuschussgeschäft ist. Doch weit gefehlt: Die bundeseigenen Treuhandnachfolge-Unternehmen BVVG und TLG Immobilien erwirtschaften satte Gewinne. Allein im Jahr 2009 konnte die BVVG einen Überschuss von 500 Millionen Euro verbuchen. Während die BVVG vor allem ehemalige LPG-Äcker zu Höchstpreisen verkauft, hält die TLG Immobilien im Wert von 1,76 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr konnte der Treuhänder eine Dividende in Höhe von 20 Millionen Euro an seinen Gesellschafter, den Bund, ausschütten. Doch demnächst werden die Gelder wohl auf die Konten privater Investoren überwiesen. Denn die TLG wird nun privatisiert. Bereits Anfang 2012 soll »europaweit« ausgeschrieben werden, hieß es aus am Dienstagabend aus dem Bundesfinanzministerium.

Dafür wird das Unternehmen geteilt: In eine TLG Wohnen mit rund 12 000 ostdeutschen Wohnungen und eine TLG Immobilien, der die 900 Gewerbeobjekte zugeschlagen werden. Dabei ist der Begriff Gewerbeobjekt weit gefasst. Gehören zum Portfolio des TLG-Imperiums doch so unterschiedliche Objekte wie Hotels, Pflegeheime und Bürogebäude. Darunter einige in bester Lage, etwa im Berliner Zentrum oder in Rostock-Warnemünde.

Bei den Wohnungen sieht die Sache schon anders aus: Etwa 40 Prozent des Bestandes finden sich im Raum Halle-Leipzig. Für »strategische Investoren mit Fokus auf Frankfurt, München und Berlin« passe das Angebot nicht, urteilte die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Trotzdem sollten bei den Mietern die Alarmglocken schrillen. So verklagte die Stadt Dresden im März den Wohnungskonzern Gagfah, der mehrheitlich zum US-Finanzriesen Fortress gehört, auf über eine Milliarde Euro. Begründung: Verstöße gegen die vereinbarte Sozialcharta. Dresden hatte die 47 000 ehemals kommunalen Wohnungen im Jahre 2006 an die Heuschrecke verkauft.

An wen die TLG nun verhökert werden soll, ist noch nicht bekannt. Fest steht: Die Heuschrecken stehen bereits in den Startlöchern. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass der Bund versucht, seinen Treuhänder zu veräußern. Bereits in den 90er Jahren spielte der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) mit dem Gedanken, die TLG zu privatisieren. Konkret werden sollten die Pläne aber erst im Jahre 2008. Allerdings machte die weltweite Finanzkrise dem Bund einen Strich durch die Rechnung, und der Verkauf wurde abgeblasen. Schon damals hatten Finanzinvestoren wie Oaktree oder Lonestar ihr Interesse angedeutet.

Gegründet wurde die TLG im Jahre 1991 als Treuhand Liegenschaftsgesellschaft, um »nicht betriebsnotwendige« Grundstücke von DDR-Betrieben »zu vermarkten«. Seit 1995 ist der Bund Alleingesellschafter. In den vergangen zehn Jahren verringerte die TLG die Anzahl ihrer Objekte von 27 000 auf 1200. Dass nun der finale Ausverkauf erfolgen soll, ist kein Zufall. Die Haushaltspläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für 2012 sehen vor, dass der Bund sich von seinen Unternehmensbeteiligungen im großen Stil trennt. Haushaltssanierung durch Privatisierung: ein alter Taschenspielertrick.

Und auch auf Landesebene hat der Ausverkauf öffentlichen Eigentums derzeit Konjunktur. Weil die EU es so will, bringt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nun ihre 20 000 Wohnungen auf den Markt. Die Investoren stehen schon Schlange: Deutsche Wohnen, Patrizia, Conwert und Deutsche Annington – alle wollen sie ein Stück vom öffentlichen Kuchen.

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