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IVO reizt die Sachsen

Eine Linke und ein Grüner klagen gemeinsam vor Verfassungsgericht

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Zwei Oppositionspolitiker im sächsischen Landtag wollen ihren Job als Volksvertreter machen. Doch dazu müssen sie klagen. Denn die schwarz-gelbe Freistaatregierung, verweigert ihnen Antworten zur polizeilichen Datenbank IVO.

POLAS, SAFIR, ZEUS, LABIS, GEGIS - wie Unkraut wachsen geheime Polizeidateien durch die deutschen Länder und vereinigen ihr Wurzelwerk in sogenannten bundesweiten Verbunddateien. Wie sollen Abgeordnete kontrollieren, ob alles nach Recht und Gesetz zugeht und auch sicher ist bei den Sicherheitsbehörden?

In Sachsen hindert die Regierung Abgeordnete mit Fleiß an ihrer Kontrollpflicht. Man stellt zwar voran, dass »die Bedeutung parlamentarischen Frage- und Auskunftsrechts als wichtige und in der Verfassung verankerte Funktion der Abgeordneten nicht in Abrede gestellt wird«. Doch wenn es konkret wird, heißt es immer öfter: Im vorliegenden Fall überwiegen die Geheimschutzbelange.

Julia Bonk, Sprecherin für Datenschutz in der Linksfraktion, und Johannes Lichdi von den Grünen haben die Nase voll, so hingehalten zu werden. Beide fragten nach IVO - und bekamen keine Antwort.

IVO ist die Integrierte Vorgangsbearbeitung der Polizei. Im Januar 2010 waren in der Datenbank rund 7,3 Millionen Personendatensätze sächsischer Bürgerinnen und Bürger gespeichert. Jeder Kontakt mit einem Polizisten - und davon gibt es im Freistaat 12 500 - kann zu einem Eintrag führen. Egal, ob man Zeuge bei einem Verkehrsunfall ist oder nur einen Gegenstand als vermisst gemeldet hat. »Noch problematischer ist dabei, dass nach unserer Kenntnis sogar eingestellte Verfahren nicht aus der Datei gelöscht werden«, moniert Julia Bonk. Die junge Abgeordnete, die sich unter anderem gegen Neonazis in Sachsen engagiert, ist nicht nur Zielscheibe der »Bild«-Zeitung sondern auch von Innenminister Markus Ulbig (CDU).

Bonk bezeichnet die IVO als »Zettelkasten der sächsischen Polizei« und verlangt wie ihr Grünen-Kollege Einblick in deren Grundsätze. Die Bürger »müssen wissen, auf welcher Grundlage, nach welchen Kriterien, wie lange und mit welchen Lösch- und Auskunftsrechten ihrerseits Daten gespeichert werden«. Die Volksvertreterin verweist auf die Sammelwut des Bundeskriminalamts, das sogar Schuhgröße, Spitzname, scheinbares Alter und noch Dutzende andere Kriterien speichere. Bonk befürchtet, dass IVO vergleichbar aufgebaut ist.

In der Antwortverweigerung sehe man »eine Verletzung von Artikel 51 der Sächsischen Verfassung«. Demnach habe die Regierung Fragen der Abgeordneten »nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten«, betont Johannes Lichdi und erklärt so, weshalb man sich mit der Landesregierung demnächst vor den Schranken des Leipziger Verfassungsgerichts treffen wird.

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