Rente mit 67 weiter Zankapfel

In SPD und CSU streitet man um ein Aussetzen des Projektes

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Erst vor fünf Tagen begann der erste Akt im Trauerspiel um die Rente mit 67. Nun mehren sich die Stimmen derer, die ein Aussetzen der umstrittenen Rentenreform fordern. Darunter viele, die einst die Verlängerung der Lebensarbeitszeit vehement unterstützten.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte am Mittwoch einen Gesetzentwurf an, der im Falle einer Regierungsübernahme durch ihre Partei im Jahre 2013 die Aussetzung der Rente mit 67 vorsieht. Der »Rheinischen Post« sagte sie, die Lebensarbeitszeit solle so lange nicht verlängert werden, »bis es genügend Arbeitsplätze auch für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt«. Die SPD-Politikerin will die von ihrer Partei einst auf den Weg gebrachte Rentenreform aussetzen, bis mindestens die Hälfte der 60- bis 64-jährigen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hatte jüngst ergeben, dass im März 2010 nur 8,3 Prozent der Männer und 3,4 Prozent der Frauen mit 64 Jahren noch einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob hatten. Schon jetzt geht beinahe die Hälfte aller Arbeitnehmer mit Abschlägen in Rente.

Auch CSU-Chef Seehofer hat das Problem erkannt. Am Wochenende hatte Seehofer erklärt, wenn sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht ändere, laufe die Rente mit 67 quasi auf eine Rentenkürzung hinaus. Das sei mit ihm nicht zu machen, versprach der CSU-Chef, der im Jahre 2007 als damaliger Bundesminister im Kabinett der Rente mit 67 noch zugestimmt hatte.

Nahles forderte Seehofer nun auf, seiner Kritik an der Rentenreform Taten folgen zu lassen und dem SPD-Gesetz zuzustimmen. Allerdings ist die Rentenfrage auch bei den Christsozialen nicht unumstritten. So meinte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Mittwoch, das höhere Rentenalter sei alternativlos. »Für mich und die Landesgruppe steht fest, dass die Rente mit 67 die notwendige Entscheidung war angesichts der demografischen Entwicklung.«

Und auch aus der SPD gab es Stimmen, die dem Vorhaben der Parteispitze widersprachen. Der ehemalige SPD-Generalsekretär Franz Müntefering, der die Rente mit 67 einst gegen alle Widerstände durchgedrückt hatte, behauptete am Mittwoch: »Die Bedingungen für die Rente mit 67 sind erfüllt.« Die Vorwürfe von Sozialverbänden, wonach die Rentenreform eine verdeckte Rentenkürzung sei, nannte Müntefering »Unsinn«.

Auch Peer Steinbrück, Ex-Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat in spe, wandte sich am Mittwoch gegen den Vorstoß von Nahles. »Die Antwort auf den mathematischen Druck der Demografie kann nicht die ersatzlose Suspendierung der Rente mit 67 sein«, so Steinbrück im »Tagesspiegel«.

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