Überläufer

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 2 Min.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hat einen Unterstützer weniger: Der syrische Botschafter in Irak, Nawaf Fares, hat die Seiten gewechselt. »Exklusiv« erklärte der Diplomat dem katarischen Nachrichtensender »Al Dschasira« seinen Austritt aus der regierenden Baath-Partei und das Ende seiner diplomatischen Mission. Er werde sich der »Revolution« anschließen. Fares ist nach General Manaf Tlass, der vergangene Woche überlief, der zweite aus dem oberen Machtsegment, der Assad den Rücken gekehrt hat.

Fares rief »alle würdigen und freien Menschen in Syrien, vor allem die Soldaten«, auf, sich ebenfalls umgehend der Opposition anzuschließen. »Richtet eure Kanonen und Panzer auf die Kriminellen dieses Regimes«, sagte er.

Der Botschafter hatte sein Amt in Bagdad 2008 angetreten. Er hat eine lange Karriere in der Baath-Partei hinter sich und verfügt über enge Kontakte zu staatlichen Sicherheitskreisen. Zugleich ist er Führer eines großen sunnitisch-muslimischen Stammes in Uqaydat in der ostsyrischen Provinz Deir Ezzor entlang der syrisch-irakischen Grenze. Seit Ende 2011 kamen aus dieser Region Berichte von Waffenschmuggel und vom Eindringen bewaffneter Dschihadisten aus Irak. In den letzten Wochen war die reguläre syrische Armee massiv gegen bewaffnete Gruppen in diesem Gebiet vorgegangen.

Nawaf Fares ist der erste Botschafter, der sich von der Führung in Damaskus öffentlich distanziert hat. Syriens Außenministerium bestätigte den Vorgang. Fares habe eine Presseerklärung abgegeben, die mit seinem Amt und seinen Aufgaben als Botschafter nicht vereinbar sei, daher werde er abberufen. Die Beziehungen zwischen Syrien und Irak seien davon nicht betroffen.

Ob die hochrangigen Überläufer Fares und Tlas tatsächlich bei einem politischen Übergang in Syrien eine Rolle spielen werden, bleibt abzuwarten. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte mehrfach öffentlich Militärs und Politiker aufgefordert, sich von der Regierung Assads loszusagen. Ganz ohne Wirkung ist der Appell offensichtlich nicht geblieben.

Karin Leukefeld, Damaskus

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