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Vortreffliche Aussichten

Der Fußballer des Jahres Marco Reus soll der deutschen Nationalelf schon heute gegen Argentinien neuen Schwung verleihen

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Eigentlich ist es ein bisschen unverständlich gewesen, warum Marco Reus über dem hellblauen T-Shirt am Dienstag auch noch eine dunkelblaue Trainingsjacke trug. Denn längst hatte sich die Sommerhitze über den Frankfurter Stadtwald gelegt, als der Blondschopf vom Fahrdienst des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die wenigen Kilometer von der Villa Kennedy zum Pressezelt vor der Arena chauffiert wurde, in der heute der Länderspielklassiker Deutschland gegen Argentinien steigt. Der gerade zu Deutschlands Fußballer des Jahres gekürte Reus, der sich bei der Wahl mit deutlichem Stimmenabstand gegen seine Vereinskollegen Mats Hummels und Robert Lewandowski durchsetzte, spielt eine Schlüsselrolle gegen die Südamerikaner und hat deshalb auch neben dem neuen Anführer Sami Khedira auf der Pressekonferenz auftreten dürfen.

»Marco hat sich immer mehr in den Vordergrund gespielt und kann in der WM-Qualifikation einen großen Sprung nach vorne machen«, hatte Joachim Löw am Rande seiner Grundsatzrede bereits am Montag mitgeteilt, was nichts anderes heißt, als dass der Offensivallrounder vorerst einen Bonus erhält, den Thomas Müller am rechten und Lukas Podolski am linken Flügel verspielt haben. Gerade diese Erbhöfe scheinen mit dem abrupten EM-Ausscheiden Geschichte zu sein, weshalb heute wohl Reus und André Schürrle über die Seiten wirbeln sollen. Löw ärgert sich vermutlich noch am meisten, im Halbfinale wieder Podolski statt dem im Viertelfinale gegen Griechenland so starken Reus vertraut zu haben. Aktuell ist der Ex-Kölner genau wie Klubkollege Per Mertesacker gar nicht eingeladen, weil beide vor dem Saisonstart der Premier League noch um die Stammplätze beim FC Arsenal kämpfen, so hat es der Bundestrainer begründet.

Überraschende Aktionen führte der unverbrauchte wie unberechenbare Reus in einer überragenden Bundesliga-Saison mit 18 Toren und elf Vorlagen zuhauf im Repertoire. Markige Sprüche benötigt der gebürtige Dortmunder zur Untermalung gar nicht mehr. »Fußballer des Jahres zu sein ist eine große Auszeichnung für mich und ein riesiger Ansporn«, hat der erst achtmal in der Nationalelf eingesetzte Irrwisch deshalb gestern artig gesagt und auch nicht ansatzweise wegen seiner geringen Spielanteile im DFB-Dress im Zorn zurückgeblickt. »Die EM ist nicht gut gelaufen, aber die Sache ist gegessen. Wir wollen einen Neustart machen.« Nur eines hat der 23-Jährige denn doch gegen Italien von der Bank gut feststellen können: »Die Italiener waren geiler auf den Sieg und wollten das Tor unbedingt machen.«

Reus gibt auch deshalb den Hoffnungsträger unter Löw ab, weil ja vortreffliche Aussichten bestehen, dass der Erfahrungsschatz des Senkrechtstarters parallel auf Vereinsebene bereichert wird. Der Double-Gewinner Borussia Dortmund hat bekanntlich in der Champions League einiges vor, was bestens zu den Ambitionen des für mehr als 17 Millionen Euro Ablöse zurückgeholten Heimkehrers passt. »Ich bin in einem Team gelandet, in dem ich mich super wohl fühle und mich international weiterentwickeln will.« Jürgen Klopp hält große Stücke auf den Instinktfußballer, der im Verein den zentralen Part des nach Manchester abgewanderten Shinji Kagawa übernehmen soll, in der Nationalelf aber von Löw auch als Option für die Sturmmitte angesehen wird. Reus macht der Rollentausch nichts: »Ich bin flexibel und fühle mich vorne auf allen Positionen wohl.«

Lucien Favre, Trainer von Borussia Mönchengladbach, hat ihm nicht nur Handlungsschnelligkeit und Spielintelligenz beigebracht, sondern zuletzt angemerkt, Reus wisse noch gar nicht um sein volles Potenzial. Er könne irgendwann mit Lionel Messi beim FC Barcelona spielen, befand der Schweizer. »Ich nehme das als Lob«, entgegnete Reus darauf angesprochen. Messi sei einzigartig: »Ich habe selten einen Spieler gesehen, der sich so leichtfüßig bewegt und so einfach spielt. Ich weiß, dass ich noch viel lernen kann.« Das klang so unterkühlt, dass es glatt das Tragen der Trainingsjacke gerechtfertigt hätte.

2012

15. August: Deutschland - Argentinien, Frankfurt am Main (Test)

07. September: Deutschland - Färöer, Hannover (WM-Qualifikation)

11. September: Österreich - Deutschland (WM-Qualifikation)

12. Oktober: Irland - Deutschland (WM-Qualifikation)

16. Oktober: Deutschland - Schweden, Berlin (WM-Qualifikation)

14. November: Niederlande - Deutschland, Amsterdam (Test)

2013

06. Februar: Frankreich - Deutschland (Test)

22. März: Kasachstan - Deutschland (WM-Qualifikation)

26. März: Deutschland - Kasachstan, Nürnberg (WM-Qualifikation)

06. September: Deutschland - Österreich, München (WM-Qualifikation)

10. September: Färöer - Deutschland (WM-Qualifikation)

11. Oktober: Deutschland - Irland, Köln (WM-Qualifikation)

15. Oktober: Schweden - Deutschland (WM-Qualifikation)

2014

05. März: Italien - Deutschland (Test)

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