Gerichtsfarce in Istanbul
Massenprozess gegen türkische Journalisten
Istanbul (AFP/nd). Vor einem Gericht in Istanbul hat am Montag der größte Journalistenprozess in der Geschichte der Türkei begonnen. Vor dem Gericht im Istanbuler Stadtteil Caglayan versammelten sich Unterstützer der Angeklagten, darunter Parlamentarier sowie Kollegen der 44 Journalisten, wie das Internetportal Bianet meldete. Die Anklage wirft den Journalisten vor, sie hätten für die Organisation »Union der Gemeinschaften Kurdistans« (KCK) gearbeitet, die der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahesteht. Den Angeklagten drohen Haftstrafen von bis zu 22 Jahren. Den Prozess verfolgt eine internationale Beobachterdelegation der auch nd-Chefredakteur Jürgen Reents angehört.
Die türkische Justiz ermittelt seit mehreren Jahren gegen mutmaßliche Mitglieder der KCK, die von der Regierung als eine Art Zivilorganisation der PKK-Rebellen gesehen wird. Auch Lokalpolitiker, Anwälte und Gewerkschafter müssen sich wegen angeblicher KCK-Mitgliedschaft vor Gericht verantworten. Nach Regierungsangaben befinden sich rund 1000 KCK-Angeklagte in Untersuchungshaft; kurdische Aktivisten sprechen von 8000 Inhaftierten.
Kritiker sehen die Prozesse als Versuch der Regierung, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Der Kurdenpolitiker Ertugrul Kükcü verglich das Verfahren am Montag mit dem Vorgehen Hitlerdeutschlands. Auch die EU hatte sich besorgt über die hohe Zahl der Festnahmen auf der Grundlage der türkischen Antiterrorgesetze gezeigt.
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