Nicht verheiratete Väter können das Sorgerecht für ihre Kinder auch in Zukunft nur mit Zustimmung der Mutter bekommen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte am Mittwoch eine seit 1998 geltende Regelung. Allerdings muss der Gesetzgeber eine Ausnahme für Paare schaffen, die sich vor der letzten Sorgerechts-Reform getrennt hatten.
Mit dem Urteil (1BvL 20/99 und 1BvR 933/01) haben die Karlsruher Richter aus Sicht von Betroffenen zweierlei getan: Nach Ansicht vieler Väter und Selbsthilfegruppen wurde das lang kritisierte »Müttermonopol« gestärkt, nach dem die letzte Entscheidung über ein gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Kinder bei den Müttern liegt. Auf der anderen Seite, etwa beim Verband allein erziehender Mütter und Väter, dürfte das Urteil dagegen als Stärkung der Frauenrechte begrüßt werden.
Nach Paragraf 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuches, der die elterliche Sorge Unverheirateter regelt, haben die Eltern eines nichtehelichen Kindes nach dem gestrigen Richterspruch auch weiterhin zwei Möglichkeiten, die gemeinsame Sorge über das Kind zu erhalten. Entweder entscheiden sich die Partner für die Ehe oder aber für eine Sorge-Erklärung, in der der Wunsch nach gemeinsamer Sorge durch beide Eltern erklärt wird. Ins Visier der Kritiker der in dieser Form noch jungen Regelung war aber vor allem der Satz 2 des Paragrafen 1626a geraten: »Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.«
Zwei Väter hatten beklagt, dass dieser Vorrang gegen das väterliche Elternrecht verstoße. Dieser Auffassung folgte der Erste Senat unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier in Karlsruhe nicht: Das »Veto-Recht« der Mutter, so die Urteilsbegründung, diene dem Schutz des Kindes. Außerdem könne eine Mutter schon bei der Geburt des Kindes dem unehelichen Vater freiwillig ein Sorgerecht einräumen. Tue sie das nicht, müsse sie dafür »schwerwiegende Gründe« haben, vermutet das Gericht. Die seit 1998 mögliche einvernehmliche Sorge-Entscheidung schaffe am ehesten günstige Voraussetzungen für das Wohl der Kinder.
Damit hat sich der Senat nicht nur Untersuchungen über die Situation nichtehelicher Kinder in und nach Trennungssituationen angeschlossen (zu denen selbstverständlich auch Pendants mit abweichender Meinung vorliegen), sondern auch den Schutzgedanken des Veto-Rechts der Mütter gestärkt. So wird von dessen Verfechtern zwar eingeschränkt, dass im Einzelfall auch Väter benachteiligt seien. Mit Blick auf unter Umständen auch von Gewalt, Abhängigkeit und Druck beherrschte »Trennungsszenarien« sei der besondere Schutz von Müttern nichtehelicher Kinder aber gerechtfertigt.
Auch in der Frage der Gleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Eltern sah das Gericht keinen Grund zum Einschreiten. Mit der Ehe hätten sich Eltern dazu verpflichtet, füreinander und für ein gemeinsames Kind Verantwortung zu tragen. Bei unverheirateten Eltern sei davon nicht unbedingt auszugehen, weshalb es das Gericht für gerechtfertigt hielt, nicht eheliche Kinder bei ihrer Geburt sorgerechtlich der Mutter zuzuordnen.
Dennoch ist das Urteil aus Karlsruhe als vorläufig zu betrachten. Das Gericht verpflichtete den Gesetzgeber, die »tatsächliche Entwicklung« zu beobachten und gegebenenfalls zu reagieren. Das Urteil gibt dem Gesetzgeber zudem auf, bis zum Jahresende eine Ausnahme für Paare zuzulassen, die sich schon vor der 1998er Reform getrennt hatten, da diese keine Chance hatten, noch während des Zusammenlebens das erst damals geschaffene gemeinsame Sorgerecht zu beantragen. Dazu soll eine Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung eingeräumt werden, ob trotz des entgegenstehenden Willens eines Elternteils die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl dennoch nicht entgegensteht.
Hier zu Lande lebte 2001 gut ein Viertel der rund 2,1 Millionen nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern zusammen, deren Zahl etwa 821000 betrug. Mehr als 2,1 Millionen Kinder wohnen bei einem allein erziehenden Elternteil.
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