Patriots für die Ukraine: Wer will das bezahlen?

Fast alle europäischen Länder sagen Nein zur Finanzierung weiterer Luftabwehrsysteme für Kiew

Bald sollen weitere Patriot-Systeme die Ukraine beschützen. Wenn Europa sie zusammenbekommt.
Bald sollen weitere Patriot-Systeme die Ukraine beschützen. Wenn Europa sie zusammenbekommt.

In Kiew waren Freude und Hoffnung groß, nachdem US-Präsident Donald Trump am Montag die Lieferung dringend benötigter Luftabwehrsysteme freigegeben hatte. Am 23. Juli wollen die Nato-Länder, die Patriot-Systeme besitzen, darüber beraten, wer die Waffen an die Ukraine abgeben kann, um dann von den USA neue zu kaufen, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Trump sagte zu Journalisten, die Lieferung von Raketen sei bereits angelaufen. »Sie kommen aus Deutschland, und Deutschland wird seine dann ersetzen«, so Trump. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) war extra in die USA gereist, um zwei der Systeme zu kaufen.

Trump hatte zuvor deutlich gemacht, Waffen für die Ukraine nicht weiter aus US-Mitteln zu bezahlen, stattdessen sollen die europäischen Unterstützerstaaten das Kriegsgerät kaufen. Und genau da scheint es zu haken. Medienberichten zufolge scheinen sich kaum Länder zu finden, die auf das Lieferschema eingehen wollen. Nachdem Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala die Teilnahme seines Landes ausgeschlossen hatte, winkten auch Italien und Frankreich ab. Emmanuel Macron wolle zwar weiter Waffen liefern, bestehe aber darauf, europäische Systeme zu entwickeln, statt US-amerikanische zu kaufen, schreibt das Portal »Politico«.

Nur drei Länder wollen Patriots an Ukraine liefern

Auch die EU, die selbst noch auf der Suche nach 19 Milliarden Euro für die Finanzierung des ukrainischen Haushalts ist, schloss eine Übernahme der Finanzierung der Patriots aus und verwies auf Regelungen, wonach die Mitgliedstaaten für den Kauf solcher Waffen verantwortlich seien.

Beim Treffen mit Donald Trump hatte Nato-Chef Mark Rutte von sechs Ländern gesprochen, die beim Waffenkauf mitmachen wollen: Finnland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Kanada und die Niederlande. Allerdings sollen zwei der Länder erst durch Rutte von ihrer vermeintlichen Bereitschaft erfahren haben, berichtet Reuters mit Verweis auf diplomatische Kreise. Verschiedenen Meldungen zufolge bleiben mit Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland lediglich drei Länder übrig, die Patriot-Systeme für die Ukraine kaufen wollen.

Nein zu Langstreckenraketen bleibt

Trotz ukrainischer und deutscher Bitten, auch Langstreckenraketen freizugeben, bleibt Trump vorerst bei seinem Nein. Im Gespräch mit Journalisten antwortete der US-Präsident, ob er dazu bereit sei: »Nein, das ist nicht unsere Absicht.« Der Republikaner wurde zudem gefragt, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskau oder andere Ziele tiefer in Russland ins Visier nehmen sollte. Trump erwiderte darauf: »Nein, er sollte nicht auf Moskau zielen.« Er bekräftigte damit die Aussagen des Weißen Hauses, das Medienberichte dementierte, er hätte Selenskyj die Freigabe zum Beschuss des russischen Hinterlandes erteilt.

Auch wenn Selenskyj seine Forderungen am Montag erneut wiederholte, birgt ein Einsatz von Langstreckenraketen mehr globale Gefahren als Nutzen für die Ukraine. Kriegsbeobachter weisen darauf hin, dass bisherige Angriffe mit solchen Waffen, abgesehen von massiver Zerstörung, kaum spürbaren Einfluss auf das Kriegsgeschehen hatten. Weder konnte Russlands massiver Raketenbeschuss im Herbst 2022 die ukrainische Gegenoffensive in Cherson und Charkiw aufhalten, noch hielten ukrainische Angriffe im russischen Hinterland Russlands Invasion auf.

Trump will nicht in den Krieg hineingezogen werden

Zudem seien beispielsweise Tomahawk-Raketen für die Ukraine nur schwer einsetzbar, sagte der stellvertretende Leiter des Militärnachrichtendienstes HUR, Wadym Skibizkyj, dem britischen »Guardian«: »Sie sind nicht einfach zu benutzen. Die wichtigsten Abschussgeräte sind Kriegsschiffe oder strategische Bomber. Wir haben keine strategischen Bomber.«

Die Lieferung von Langstreckenstreckenraketen könnte auch für Trump und die USA selbst zum Problem werden. Statt sich aus der Ukraine zurückzuziehen, wie Trump es will, könnten die USA in eine direkte Konfrontation mit Russland geraten, mit unabsehbaren Folgen. Aus »Bidens Krieg« würde »Trumps Krieg« werden. Und das will Trump nicht.

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