- Kultur
- Zum Tode des Schauspielers Jürgen Frohriep
Klinkenputzen lag ihm nicht
Foto: Klaus Winkler
Szekely lebt seit mehreren Jahren von ihm getrennt als Psychologin in der Schweiz. Er hat oft über seine Liebe gesprochen, und immer auch freimütig über die Gründe, an denen sie fast zerbrochen ist. Frohriep kam nicht von der Flasche los. So wurde die Geschichte seiner Ehe zur Geschichte zweier Menschen, die einander liebten und nicht miteinander leben konnten: ein Filmstoff. War' er zu Atelierreife gelangt, hätte Frohriep die männliche Hauptrolle freilich nicht gekriegt. Unerbittlich war er auf das Rollenklischee im militärischkriminalistischen Bereich festgelegt. Zunächst, weil er in Uniform gute Figur machte, dann aber auch, weil ihm sein Leben mit zunehmenden Jahren das Männergesicht auf ausdrucksvollste Weise gegerbt und gekerbt hatte.
Wenn es stimmt, daß der 1928 in Rostock geborene Jungschauspieler 1953 ein Problem mit der SED hatte, wie Boulevardzeitungen gerne berichteten („halb ausgetreten und halb rausgeflogen“), dann stimmt zumindest nicht, was Boulevardzeitungen ebenfalls gerne zum besten geben, nämlich: daß man in der DDR keine Karriere machen konnte ohne ein inniges Ver-
hältnis zur Partei. Frohriep war der Gegenbeweis. Aus der FDJ-Laienbewegung hervorgegangen, reüssierte er in ostdeutscher Theaterprovinz zwischen Erfurt und Stralsund mit den klassischen Liebhaberrollen, kabarettelte ein wenig, spielte in Berlin Kindertheater und wurde in Altenburg von Konrad Wolf Ende der 50er Jahre für die DEFA entdeckt: In dem Film „Sterne“ spielte er den blutjungen Wehrmachtssoldaten Walter, den sein tiefes Gefühl zu einer jüdischen Frau, die er bewachen muß, läutert.
Der Film wurde in Cannes gefeiert und von der Kritik gerühmt - mit einer Einschränkung, und die hieß Jürgen Frohriep. Zu blaß, befanden die Rezensenten, das Publikum dachte anders. Es goutierte die grüblerische Introvertiertheit dieses jungen Mannes, und wo er statuarisch wirkte, bewunderte es seine Statur. Widersprüchliche Gestalten wie jener Walter, an denen er wachsen konnte, bot ihm die DEFA kaum noch. Dankbar griff er zu, als ihm Kasprzyk in der Fernsehverfilmung von Falladas „Wolf
unter Wölfen“ die Charakterrolle des Leutnant Fritz antrug. Bis ihm dann in dem Fünfteiler „Das grüne Ungeheuer“ als drahtig-sportiver Kämpfer an der Seite des lateinamerikanischen Volkes gegen Konzern-Kolonisatoren aus den USA so etwas wie eine Kultfigur gelang. Zu ähnlicher Prominenz beim Fernsehpublikum als Abenteurer-Typus sozialistisch-realistischer Art brachte es in den 80er Jahren nur noch sein gro-ßer Schauspielerkollege Armin Mueller-Stahl mit der Serienfigur des Kundschafters Detjen, der gelungenen Variante eines James Bond aus der Normannenstraße.
Als die Polizeiruf-Reihe in Mode kam, war Jürgen Frohriep abonniert auf den zweiten Mann von der K., und in dieser Gestalt spielte er sich selbst: bescheiden, zäh, ein Naturbursche von unkompliziert schlichter Lebensart. Das reichte zur volkstümlichen Identifikationsfigur.
Auch nach der Wende wendete er sich nicht. Er habe „eine bessere, eine andere DDR“ gewollt, und nicht etwa keine. Solche Aussprüche wirkten nun freilich kaum als „Sesam öffne dich“ vor den Toren der bundesdeutschen Studios, aber in letzter Zeit sah es so aus, als würde er beim MDR für ein neues Polizeiruf-Projekt wieder gebraucht. Mit dieser Hoffnung ist er gestorben.
PETER BERGER
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