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Der Mann hinter dem Tumor

Vor 175 Jahren wurde der ungarische Arzt Moritz Kaposi geboren

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.
Lange galt es als äußerst seltene Erkrankung. Doch seit der Ausbreitung von Aids müssen Ärzte heute vielfach das sogenannte Kaposi-Sarkom behandeln, das ein ungarischer Mediziner erstmals 1872 beschrieben hat.

1981 häuften sich in den USA die Fälle von Menschen mit Kaposi-Sarkom. Anfangs konnten sich die Mediziner darauf keinen Reim machen. Erst später stellte sich heraus, dass dieser bösartige Gefäßtumor, der sich in braunroten Plaques oder Knoten auf der Haut äußert, das erste sichtbare Zeichen der beginnenden Aids-Epidemie war. Und noch etwas fiel auf: Bei den durch HIV immungeschwächten Menschen nahm das Kaposi-Sarkom einen sehr aggressiven Verlauf, den man so zuvor nicht beobachtet hatte.

Bis heute ist das Kaposi-Sarkom der häufigste Tumor, der infolge einer HIV-Infektion auftritt. Rund 30 Prozent aller Aidspatienten sind davon betroffen. Und obwohl sich ein Kaposi-Sarkom in jedem Stadium der Erkrankung entwickeln kann, ist es bei etwa 20 Prozent der Patienten das erste Anzeichen, an dem sich Aids überhaupt erkennen lässt.

In seiner klassischen Form wurde der bösartige Gefäßtumor erstmals von dem ungarischen Arzt Moritz Kaposi (sprich: Kaposchi) beschrieben, dessen Geburtstag sich am 23. Oktober zum 175. Mal jährt. Kaposi studierte Medizin an der Universität Wien und lehrte dort ab 1875 auch als Professor für Dermatologie. Sein 1880 erschienenes Werk »Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten in Vorlesungen für praktizierende Ärzte und Studenten« zählte damals zu den wichtigsten Lehrbüchern auf diesem Gebiet und wurde ins Englische, Französische und Russische übersetzt. Unter den zahlreichen Krankheiten, die Kaposi beschrieb, war auch der erwähnte Gefäßtumor, den er allerdings nur bei fünf Patienten feststellte, und dem er 1872 die Bezeichnung »multiples idiopathisches Pigmentsarkom« gab. Erst 1912, zehn Jahre nach seinem Tod, erhielt der Tumor den bis heute gebräuchlichen Namen »Kaposi-Sarkom«.

Abgesehen von einer überraschenden Häufung von Krankheitsfällen 1949 in Uganda, schien das Kaposi-Sarkom weltweit keine sonderliche Gefahr darzustellen. Denn auf zehn Millionen Menschen kommen normalerweise nur fünf Erkrankungen, die etwa nach einer Immunsuppression auftreten, die man bei Organtransplantationen durchführt. Erst im Zuge der Aidsepidemie stieg in den USA die Häufigkeit des Tumors um den Faktor 20000. Mediziner gehen heute davon aus, dass das Kaposi-Sarkom bei HIV-infizierten Menschen durch das 1994 entdeckte und sexuell übertragbare humane Herpesvirus 8 (HHV-8) ausgelöst wird. Bei der Behandlung des aidsdefinierenden Tumors setzt man deshalb neben Lokalmaßnahmen wie Operation und Bestrahlung auch auf eine antivirale Kombinationstherapie, um einer weiteren Schwächung des Immunsystems entgegenzuwirken.

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