Isländer wollen sich Zugriff auf Naturschätze bewahren

Als Folge der Finanzkrise hielt der Inselstaat ein Referendum über eine Änderung der Verfassung ab

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Zweidrittelmehrheit der Isländer empfahl dem Parlament des Landes am Wochenende, den vorliegenden Verfassungsentwurf als Grundlage für das künftige oberste Rechtsdokument zu nehmen.

Sechs Fragen sollten die isländischen Wähler beantworten, bevor sie gültiges Recht in der neuen Verfassung Islands werden können. Alle wurden mit einem deutlichen Ja beantwortet. Durch dieses Mandat wird festgeschrieben werden, dass die Naturreichtümer der Insel - die Fischbestände, Energieressourcen und Bodenschätze - Island und seinen Bürgern gehören. Diese Forderung wurde bereits in einer landesweiten Unterschriftensammlung unterstützt. Wie diese Festlegung interpretiert wird, bleibt künftiger Rechtsprechung vorbehalten. Klar ist jedoch, dass damit Einfluss auf ausländische Energiekonzerne, die einen Großteil der Energieressourcen Islands für die Aluminiumproduktion verwenden, auf chinesische Großinvestoren und die Beitrittsverhandlungen mit der EU genommen wird.

Auch Grund- und Freiheitsrechte waren Thema der Volksbefragung. Etwa, ob das Wahlsystem künftig die dünn besiedelten Regionen im Norden und Osten der Insel weniger bevorzugen soll. Hier sind wesentlich weniger Stimmen erforderlich, um einer Partei überproportionale Repräsentation im isländischen Parlament Althing zu sichern. Die OECD hatte dies bemängelt, die Wähler stimmten dem nun zu. Allein im Hauptstadtbereich leben zwei Drittel aller Isländer und ein Parlamentsplatz ist dort entsprechend schwieriger zu erkämpfen.

Die bisherige Verfassung trat 1944 mit Erlangung der Unabhängigkeit von Dänemark in Kraft. Seither wurde sie nur in Details modifiziert. Kritiker weisen darauf hin, dass viele Artikel noch genauer formuliert werden sollten. Dazu gehört beispielsweise die Rolle des Präsidenten, die weitgehend als repräsentativ beschrieben wird. Präsident Ólafur Grímsson, der im Sommer in seine fünfte Amtsperiode gewählt wurde, hat sie in Folge der Krise jedoch offensiver definiert als seine Vorgänger und mehrfach seine Unterschrift verweigert, um beispielsweise die Schuldenabwicklung gegenüber ausländischen Banken zu legitimieren.

Der Verfassungsentwurf wurde von einem Gremium aus 25 Bürgern erarbeitet, das vom Althing vorgeschlagen und in einer Volksabstimmung bestätigt wurde. Das Parlament wird die endgültigen Formulierungen vornehmen, bevor auch die Endversion einem Referendum vorgelegt wird. Der Entwurfsprozess wurde international aufmerksam verfolgt und als hervorragend bewertet, was die Offenheit der Arbeit und die Einbeziehung der Wähler betrifft.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal