Dexia braucht schon wieder Milliarden

Belgien und Frankreich müssen erneut die schwer angeschlagene Großbank stützen

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bankenkrise ist noch längst nicht vorüber, wie ein aktueller Fall aus Belgien und Frankreich zeigt.

Die belgisch-französische Pleitebank Dexia baucht erneut eine Kapitalspritze von diesmal rund fünf bis sechs Milliarden Euro. Die Kosten müssen sich die Regierungen in Brüssel und Paris teilen. Die belgische Regierung hat sich laut Presseberichten bereits damit abgefunden, die Hälfte zu schultern, während sich die Verhandlungen mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzministerium noch hinziehen, weil man dort nur einen Anteil von 36,5 Prozent tragen will. Wie hoch die Kapitalaufstockung letztlich sein muss, wird erst am kommenden Donnerstag klar sein, wenn die Bank ihre Quartalszahlen veröffentlicht.

Wegen der Euro-Schuldenkrise stand Dexia als erste europäische Bank im vergangenen Jahr kurz vor dem Zusammenbruch. Davor konnte sie nur durch eine Garantie der Regierungen von Belgien, Frankreich und Luxemburg in Höhe von 55 Milliarden Euro bewahrt werden, die zwar von der EU-Kommission genehmigt wurde, aber nur noch bis zum 31. Januar 2013 zulässig ist. Davon trägt Belgien 60,5 Prozent, Frankreich 36,5 Prozent und Luxemburg 3 Prozent. Mit dieser Garantie im Rücken soll die Bank »geordnet zerschlagen« werden.

Mit einem Teil der Aktivitäten ist dies bereits geschehen. So übernahm der belgische Staat im Herbst 2011 die Dexia Banque Belgique und führt sie jetzt unter dem Namen Belfius weiter. Die Luxemburger Tochter wurde an einen Staatsfonds des Emirats Katar verkauft. Der französische Teil wird in der im Oktober durch Präsident François Hollande beschlossenen staatseigenen Investitionsbank BPI aufgehen, zu der auch Teile der altehrwürdigen Caisse des Dépôts et Consignations und des von Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy gegründeten »Strategischen Investitionsfonds« stoßen.

Doch der Gesamtplan der drei Regierungen für die Dexia-Bank und vor allem für ihre Schulden ist von der EU-Kommission immer wieder als »unvollständig« zurückgewiesen worden. Er sieht vor allem vor, die vorläufige Garantie von 55 Milliarden durch eine definitive Garantie von 90 Milliarden Euro abzulösen. Allerdings ist zwischen Brüssel und Paris noch umstritten, wie groß der jeweilige Anteil sein soll. Paris beharrt auch hier auf 36,5 Prozent, während Brüssel deutlich mehr fordert, weil die Vergabe der »toxischen Griechenland-Kredite« vor allem vom französischen Teil der Bank zu verantworten ist. Zusätzlich kompliziert wird die Lage dadurch, dass die EU-Kommission es auch nicht zulässt, dass Dexia neue Kredite ausgibt, was ihre Verluste aufhalten könnte.

Die auf die Finanzierung von Kommunen und Regionen spezialisierte Dexia-Bank ist in einer »katastrophalen finanziellen Lage«, wie Finanzmarktexperten einschätzen. Im vergangenen Jahr verzeichnete sie ein Defizit von 11,6 Milliarden Euro. Ein Grund sind misslungene Investitionen in Griechenland. Da die angeschlagene Bank »durch jede Marktbewegung extrem verwundbar« ist, wie Analysten meinen, braucht sie zur Stabilisierung immer neue Kapitalspritzen. »Der Fall Dexia zeugt davon, dass die Bankenkrise längst noch nicht vorüber ist, sondern nach wie vor schwelt«, kommentierte die Wirtschaftszeitung »Les Echos«.


Lexikon

Der Staatsfinanzierer Dexia mit Sitz in Brüssel und Paris entstand 1996 durch die Fusion von Crédit Communal de Belgique und Crédit Local de France. Er gehört zu den als systemrelevant eingestuften Großbanken, die strengeren Anforderungen an die Ausstattung mit Eigenkapital unterliegen. Die finanziellen Probleme der Dexia ergaben sich unter anderem aus Milliardendarlehen an eine Tochtergesellschaft der deutschen Hypo Real Estate. nd

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