Skandalumwitterte Deutsche Bank

Finanzkrise, dubiose Zinswetten, Umsatzsteuerbetrug - immer war die Nummer 1 in Frankfurt mittenmang

Das Image der Deutschen Bank ist denkbar schlecht. Die neue Führung hatte Besserung versprochen - und lässt, wie der Umgang mit den Ermittlungen in Sachen Umsatzsteuerbetrug zeigen, Taten vermissen.

Für Jürgen Trittin ist klar: »Bei jedem Finanzskandal ist die Deutsche Bank dabei«, sagte der grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag mit Blick auf die Verstrickungen des deutschen Privatbankenprimus in den Umsatzsteuerbetrug mit CO2-Emissionshandelszertifikaten. Und dies ist eben bei Weitem nicht der einzige Skandal, in den das Frankfurter Geldhaus tief verstrickt ist.

Aus diesem Grund hatte die neue Konzerndoppelspitze Jürgen Fitschen und Anshu Jain bei ihrem Antritt im Juni einen »Kulturwandel« angekündigt. Zu schlecht war mittlerweile das Image der einst vornehmen Adresse bei potenziellen Kunden und Aktionären, als dass man nach dem Abgang von Josef Ackermann einfach weitermachen konnte. Wie der aktuelle Skandal zeigt, kann das hehre Vorhaben ohne selbstkritische Aufarbeitung der Vergangenheit nicht gelingen. Mit Beteuerungen, man wolle es mit Vorgaben für die Eigenkapitalrendite nicht mehr übertreiben, ist es nicht getan.

Schadenersatz in Milliardenhöhe

Den größten Brocken dürfte der Verkauf von hypothekenbesicherten Wertpapieren in den USA darstellen, einem der Auslöser der globalen Finanzkrise von 2008. Die damals von Anshu Jain geführte Investmentsparte der Deutschen Bank gehörte zu den Hauptakteuren im Geschäft mit solchen »Collateralized Debt Obligations« (CDO), die im Zuge der US-Immobilienkrise für die Käufer aus aller Welt praktisch wertlos wurden. Zahlreiche Abnehmer klagten auf Schadensersatz, oft mit Erfolg - bislang musste die Deutsche Bank 1,3 Milliarden Dollar dafür abdrücken. Mit der Zahlung eines dreistelligen Millionenbetrages wurde zudem eine Klage des US-Justizministeriums beigelegt.

Und man ist noch stärker in der US-Immobilienkrise in Erscheinung getreten: Eine Tochter der Deutschen Bank gehört in einigen Bundesstaaten zu den Hauptakteuren bei der Verwertung von Häusern, die durch Zahlungsunfähigkeit ihrer Eigentümer, etwa wegen der durch die Finanzkrise gestiegene Arbeitslosigkeit, in den Besitz eines Kreditinstitutes übergegangen sind. Als Treuhänder geht die Deutsche Bank, so der Vorwurf von Aktivisten, die bei Hauptversammlung 2010 in Deutschland auftraten, besonders unnachgiebig bei Zwangsräumungen vor. Man lasse die Häuser völlig verfallen, was zum Niedergang ganzer Viertel geführt habe.

Des weiteren musste die Deutsche Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für reiche US-Bürger 550 Millionen Dollar zahlen. Und man ist in den Skandal um die Manipulation des LIBOR-Zinssatzes in London verwickelt.

Auch in der Bundesrepublik ist die Deutsche Bank für die Justiz keine Unbekannte. Zahlreiche Kommunen und Stadtwerke verklagten Geldhäuser wegen Swap-Geschäften, mit denen auf künftige Zinssätze gewettet wurde, in den 1990er Jahren. Die Banken gewannen, bei den Verlierern entstanden oft sechs- bis siebenstellige Verluste. Zahlreiche Kommunen klagten, da sie sich falsch beraten und nicht über die Risiken aufgeklärt fühlten. Die Urteile fielen oft zugunsten der Kommunen aus. Die Deutsche Bank war bei den Swap-Geschäften ein Hauptakteur. Seit einem kundenfreundlichen Urteil des Bundesgerichtshofs versucht man, sich außergerichtlich mit Klägern zu einigen.

Diese Skandale sind weitgehend aufgearbeitet und für die Deutsche Bank mehr oder weniger abgehakt. Insofern kann die neue Führung bei den Ermittlungen über die Emissionshandelsbetrügereien zeigen, wie ernst sie es mit dem angekündigten Kulturwandel meint. Hier geht es um Vorgänge aus dem Jahr 2009. Damals erwarben Betrüger über Scheinfirmen CO2-Zertifikate, die sie dann unter anderem an die Deutsche Bank weiterverkauften, ohne die fällige Umsatzsteuer ans Finanzamt abzuführen. Für das Geldhaus war das Geschäft lukrativ, da man die Papiere günstig erwerben und teurer weiterverkaufen bzw. sich die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstatten lassen konnte. Viele Papiere zirkulierten offenbar mehrfach wie in einem Karussell, ohne dass dabei ihr Zweck erfüllt wurde: dem Betreiber einer Industrieanlage das Recht zu geben, eine bestimmte Menge des Treibhausgases CO2 auszustoßen.

Umsatzsteuerbetrug ist in der EU ein altbekanntes Phänomen. Früher waren Verkäufe von Mobiltelefonen berüchtigt dafür. Mit dem noch jungen Emissionshandel erhielten Kriminelle ein neues Betätigungsfeld. Europaweit soll sich der Schaden für die öffentliche Hand auf 800 Millionen Euro belaufen haben. Dass es hier Betrug gab, fiel rasch auf, da auffällig große Mengen von CO2-Zertifikaten gehandelt wurden. Es dauerte aber noch einige Zeit, bis die EU-Staaten die Umsatzsteuerregeln so änderten, dass Betrug unmöglich wurde. Schon 2010 gab es Razzien bei verschiedenen Banken, unter anderem bei der Deutschen. Mehrere Kriminelle wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Anschwung für das Betrugskarussell

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft will bei den andauernden Ermittlungen inzwischen Belege für eine tiefere Verstrickung der Deutschen Bank gefunden haben, weshalb man vor wenigen Tagen dort ein zweites Mal vorbeischaute. Der Verdacht: Wertpapierhändler waren demnach nicht etwa unwissentlich Erfüllungsgehilfen der Kriminellen, sondern sollen diese zu den illegalen Karussellgeschäften angestiftet haben. Zumindest soll man über die Betrügereien ebenso Bescheid gewusst haben wie darüber, dass dabei Schwarzgeld gewaschen wurde. Außerdem sollen Bankmitarbeiter einen Teil des E-Mail-Verkehrs vernichtet haben, um die Ermittlungen zu behindern. Vier von ihnen sitzen daher jetzt in U-Haft.

Die Bank hat die Vorwürfe vor Jahren intern prüfen lassen, entließ daraufhin fünf Mitarbeiter und änderte die Steuererklärung nachträglich. Die Finanzbehörden meinen aber, dies sei zu spät geschehen. Hier kommt Co-Chef Jürgen Fitschen, damals Leiter des Deutschland-Geschäfts des Geldhauses, ins Spiel: Er zeichnete seinerzeit die ursprünglich falsche Steuererklärung der Bank für 2009 ab - wie es heißt, weil der damalige Vorstandschef Josef Ackermann nicht anwesend gewesen sei.

Der neue Co-Konzernchef hält das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für »überzogen«. Das ist ihm sicher unbenommen. Aber der Beschwerdeanruf beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) zeigt, dass sich die Chefs in den Zwillingstürmen in der Frankfurter Taunusanlage wohl noch immer als Herrscher über Recht und Gesetz ansehen. Dies sieht nun wirklich nicht nach einem Kulturwandel bei der Deutschen Bank aus.

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