Der Kranich fliegt heute nicht

Lufthansa-Beschäftigte legen bundesweit die Arbeit nieder

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Im Rahmen der laufenden Tarifrunde bei Lufthansa bestreikt ver.di heute wieder die Flughäfen. Warum?
Bitzer: Was wir bei den letzten Verhandlungen erlebt haben, ist, dass die Lufthansa weiter mit der Angst der Beschäftigten spielt. Sie sollen eingeschüchtert werden, und Lufthansa versucht weiter sie für Managementfehler der Vergangenheit bezahlen zu lassen. Das ist nicht akzeptabel. Deswegen rufen wir auch in Berlin an den Flughäfen Tegel und Schönefeld zum Streik auf. Es kann so einfach nicht weitergehen. Die Lufthansa-Beschäftigten, beispielsweise in der Passagierbetreuung, der Technik, der Buchhaltung oder die ver.di-Mitglieder in der Kabine, geben jetzt die richtige Antwort darauf.

Wo wird morgen noch gestreikt?
Ver.di hat bundesweit aufgerufen. An allen großen Lufthansa- standorten wird gestreikt.

Was ist der Stand der Gespräche? Ende April beginnt die dritte Verhandlungsrunde.
Es geht um sehr, sehr viel. Der Konzern ist dabei, sich breit neu aufzustellen. Das heißt, es läuft derzeit ein großes Sparprogramm, ein »Sanierungsprogramm«, wie das Lufthansa nennt. Es geht um Kürzungen von Lohnbestandteilen, es geht auch um Arbeitsplatzabbau. Die ver.di-Konzerntarifkommission hat erwartet, dass die Lufthansa Angebote zur Beschäftigungssicherung und auch zur Entwicklung der Löhne und Gehälter anbietet. Die Lufthansa macht jedoch weiter Aussagen zur Beschäftigungssicherung davon abhängig, dass die Beschäftigten auf Lohnbestandteile verzichten - obwohl die Fluglinie auch im vergangenen Jahr Gewinne gemacht hat.

Was fordert ver.di konkret?
Wir fordern 5,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Aber wir fordern eben auch, dass die Lufthansa sich zu ihren rund 33 000 Beschäftigten in Deutschland bekennt und ihnen eine klare Perspektive aufzeigt, wie man sich in Zukunft hier im Luftverkehr behaupten will. Das ist bisher nicht passiert.

Die Lufthansa hat am Wochenende angekündigt, nahezu alle Inlandsflüge zu streichen und den Passagieren angeboten, umsonst umzubuchen oder die Bahn zu nutzen. Ist das eine Strategie, um den Beschäftigten den Rückhalt in der Öffentlichkeit zu nehmen?
Nein. Lufthansa hatte im Vorfeld noch einmal versucht, Beschäftigte zum Streikbruch aufzufordern. Dass jetzt alle Flüge gestrichen werden, zeigt ganz deutlich, dass die Streikbereitschaft auch vom Konzernvorstand als sehr hoch eingeschätzt wird. Lufthansa muss offensichtlich begreifen, dass die Beschäftigten nicht bereit sind, alles mit sich machen zu lassen.

Und wie erklären Sie genervten Fluggästen, dass jetzt schon wieder alles am Boden bleibt?
Es gab glücklicherweise auch hier in Berlin beim ersten Streik im März Verständnis von Passagieren. Die verstehen, wenn Beschäftigte, die damit konfrontiert sind, sich entweder Löhne und Gehälter kürzen zu lassen oder den Arbeitsplatz zu verlieren, sich dagegen wehren - auch mit Streik. Über das Verständnis freuen uns. Und den Passagieren können wir immer wieder nur sagen: Schauen Sie sich an, was Lufthansa, was der Konzernvorstand macht, wie respektlos er mit den Beschäftigten umgeht, und fragen Sie sich selbst, ob Sie in so einer Situation nicht auch Verständnis für die Gegenwehr haben.

Fragen: Jörg Meyer

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