Den Kompass verloren

Stefan Otto wundert sich über die Bildungspolitik im Ländle

Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg steckt in einem Dilemma: Die Abschaffung der Studiengebühren erschien ihr dringlich. Doch nun sorgt sich die Regierung um den Haushalt, entgehen dem Land dadurch doch jährlich 200 Millionen Euro. Weil die Abschaffung der Studiengebühren nur unzureichend gegenfinanziert wurde, droht den Hochschulen jetzt eine mangelnde finanzielle Ausstattung.

Vorschläge, um aus dieser Bredouille herauszukommen, erscheinen geradezu hilflos: Vor einigen Monaten plädierten die Grünen dafür, von ausländischen Studenten doch wieder eine Studiengebühr zu verlangen. Jetzt soll an der Gebührenschraube teils kräftig gedreht werden. Der Gestaltungswille von Grün-Rot bei der Bildungspolitik im Ländle erlahmt zusehends.

Sollten die Gebührenerhöhungen tatsächlich kommen, wird damit die Ungleichheit einmal mehr manifestiert: Angehende Studenten aus einem wohlhabenden Elternhaus werden die Aufnahmegebühren mühelos aufbringen. Aber Quereinsteiger aus prekären Verhältnissen oder Arbeiterkinder werden Schwierigkeiten bekommen. Talente werden verschenkt - und letztlich wird am falschen Ende gespart. Das haben insbesondere die Grünen auch so gesehen, als sie im Stuttgarter Landtag noch Opposition waren. Doch jetzt, in der Regierungsverantwortung, haben sie offenbar den Kompass verloren und ihre gesellschaftlichen Ideale geopfert.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.