Amnestie auch für angeklagte Antifaschisten?

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Die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang der Woche in die Duma eingebrachte Verfügung einer Amnestie für 25 000 Personen hat in der kritischen russischen Öffentlichkeit ein großes Echo ausgelöst. Mit Spannung wird die Abstimmung am Montag erwartet. Die Amnestie wurde aus Anlass des 20. Jahrestags der russischen Verfassung initiiert, die sich am 12. Dezember jährte. Profitieren werden Gefangene, die keine schweren Verbrechen begangen haben, insbesondere Minderjährige, Frauen, Mütter und Schwerbehinderte.

Nach einem Bericht der Zeitung »Kommersant« können die wegen »Rowdytums« verurteilten Frauen von Pussy Riot und die angeklagten Greenpeace-Aktivisten vom Aktionsschiff »Arctic Sunrise« auf eine Freilassung hoffen, nicht aber der wegen »schwerer Wirtschaftsvergehen« verurteilte ehemalige Chef der Ölfirma Yukos, Michail Chodorkowski.

Mit ihrer Freilassung können auch acht der insgesamt 27 Angeklagten im sogenannten Bolotnaja-Verfahren rechnen. Sie haben am 6. Mai 2012, einen Tag vor dem Amtsantritt Wladimir Putins, an einer Demonstration am Moskauer Bolotnaja-Platz teilgenommen. Sie sind wegen Teilnahme an Massenunruhen angeklagt. Die Amnestie gilt voraussichtlich nicht für die Beschuldigten, denen auch Gewaltanwendung gegen Polizisten vorgeworfen wird. Zu dieser zweiten Gruppe gehört Alexej Gaskarow. Er ist Teil der jungen Moskauer Antifa-Bewegung und den Ermittlern wegen seiner Teilnahme an den Protesten gegen den Autobahnbau im Moskauer Vorort Chimki ein Dorn im Auge.

Die Anwältin von Gaskarow, Swetlana Sidorkina, meint gegenüber »nd«: »Wir hoffen trotzdem, dass auch Alexej freigelassen wird.« Die Hoffnung stützt sich auf die Empörung, die das umstrittene Bolotnaja-Verfahren in Moskau ausgelöst hat.

Wladimir Putin hatte bei einem Treffen mit Vertretern des russischen Menschenrechtsrates erklärt, dass unter die Amnestie nur Personen fallen, die »keine Gewalt gegen Vertreter der Macht« angewandt haben. Wie Fotos und ein Video belegen, bekam der Antifaschist von einem Polizisten einen Schlag mit dem Knüppel ins Gesicht, als er bei den Massenfestnahmen fragte: »Was machen Sie denn da?« Die Anzeige, die Gaskarow deshalb stellen wollte, wurde abgewiesen. uhe

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