Aufeinander zugehen - voneinander lernen

Antwort von Fabian Bauer, Konstantin Bender, Anja Mayer, Isabel Michels, Martin Michels und Julia Nüß auf das Papier »Ein neues Solidarversprechen«

  • Lesedauer: 3 Min.

Das Papier »Ein neues Solidarversprechen für die künftigen Generationen in West und Ost« nehmen wir mit großer Freude und Bereitschaft auf. Wir verstehen das Papier ausdrücklich als Einladung zur gemeinsamen Gestaltung des Morgen und Übermorgen.

Unsere West-Generation kommt aus verschiedenen Parteien, Kontexten und Bewegungen. Wir haben auch in unterschiedlichen Landesverbänden der LINKEN gewirkt. Wir kommen aus verschiedenen Milieus, sind aber gleich in der Erfahrung, daß SPD und Grüne lediglich rhetorisch progressive linke Politik proklamieren, während sie praktisch den Status quo verwalten.

Als Beispiele seien hier genannt: Beibehaltung der wesentlichen Bausteine der Agenda 2010, Beibehaltung der angebotsorientierten Politik, die zu Niedriglöhnen und Sozialdumping - auch auf europäischer Ebene - führt, Kriege unter dem Vorwand, Menschenrechte verteidigen zu wollen. SPD und Grüne werden sich nicht mit den wirklich mächtigen Interessengruppen anlegen wollen, ihre praktischen Reformpolitiken sind eher kosmetisch.

Unsere Altersgenoss*innen im Osten sind uns, was Erfahrungen mit Systemumwandlungen angeht, 10 Jahre voraus. So hat sich, als 1989 die Mauer fiel, für den Osten alles und für den Westen zunächst nichts geändert. Erst mit der Agenda 2010 von SPD und Grünen wurde es auch für den Westen spürbar. So wurde uns im Westen erst um die Jahrtausendwende, dann aber mit immer größer werdender Intensität, kommuniziert: »Ihr seid die erste Generation, die den Wohlstand der Eltern nicht mehr halten können wird.« Das in der alten Bundesrepublik propagierte Aufstiegsversprechen wurde zur leeren Floskel.

Schlimmer noch: mit der Einführung der Hartz-Gesetze, der Deregulierung des Finanzsektors und dem Herunterfahren von Ausgaben für Soziales und Bildung wurde in der jungen Generation in Ost und West ein nachhaltig wirkendes Klima der Unsicherheit geschaffen. Das gilt es anzuerkennen und gemeinsam zu bewältigen.

Die gemeinsame Erfahrung des massiven Sozialstaatsabbaus sehen wir als einigendes Element. Diese zentrale Erfahrung hat uns als Partei überhaupt erst zusammengeführt und eint uns nach wie vor. Und deshalb gilt es, aus diesem Konsens Alternativen zum aktuellen System zu suchen und weiterzuentwickeln. Als maßgebliche gesellschaftliche Auseinandersetzung sehen wir hierfür den sozial-ökologischen Umbau. Hier gilt es, gemeinsam und optimistisch Ideen und Konzepte zu entwickeln und um deren Umsetzung zu werben.

Wir müssen und wir wollen die verschiedenen (politischen) Kulturen und Verhaltensweisen anerkennen und gehen dabei hiervon aus:

Im Unterschied zu den anderen etablierten Parteien, in denen der Westen den Osten mehr oder weniger einverleibt haben, treffen wir uns auf Augenhöhe. Unsere politischen Inhalte werden von Genoss*innen in West und Ost gemeinsam ausgehandelt. Darin sehen wir einen Gewinn und darin liegt auch unsere Stärke.

Wir haben als 3. Generationen Ost und West die Aufgabe, aufeinander zuzugehen, voneinander zu lernen und gemeinsam das Morgen und Übermorgen zu organisieren. Und wir nehmen diese Aufgabe an. Wir wollen diskutieren und streiten, aber auch von den Erfahrungen anderer profitieren. Ziel ist eine Partei, die zuhört und an den lebensweltlichen Problemen der Menschen anknüpft - eine, die die Gegebenheiten aufnimmt und nicht negiert.

Als gemeinsame Klammer, politisches Ziel und Handlungsoption sehen wir hierfür den sozialökologischen Umbau. Eine tatsächliche demokratische Erneuerung sehen wir als das Zukunftsprojekt einer gesellschaftlich notwendigen LINKEN: emanzipatorisch, feministisch, sozial-ökologisch, demokratisch und europäisch. Packen wir es gemeinsam an!

Dieser Text erschien zuerst am 4. Juni 2013

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