Mindestlohn sorgt für Streit
Gutachten hält Ausnahmen für rechtswidrig
In der Großen Koalition sorgen die Energiewende und der geplante Mindestlohn weiter für Unstimmigkeiten. Am Dienstagabend wollten sich Horst Seehofer (CSU), Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) bei einem Treffen darüber einigen. So gibt es Streit um die geplanten Hauptstromtrassen und die Rabatte für die Industrie bei der EEG-Umlage.
Ein Konflikt dreht sich um die Frage, welche Personengruppen vom Mindestlohn ausgenommen werden sollen. Im Vorfeld des Gespräches deutete CSU-Chef Seehofer an, nicht auf Ausnahmen für Rentner zu beharren. Praktikanten und Ehrenamtliche müssten aber ausgenommen werden, der Mindestlohn solle nur für Stellen mit Arbeitsverträgen gelten. SPD-Vize Ralf Stegner wies das zurück. Mit der SPD werde es beim Mindestlohn keinen Schweizer Käse geben, sagte er »Bild«. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) fordert, Unter-18-Jährige vom Mindestlohn auszunehmen. Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Wirtschaftsverbände wollen höhere Altersgrenzen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hält einen Mindestlohn erst ab 25 Jahren für sinnvoll: Jugendliche könnten der Lehre einen Aushilfsjob vorziehen, wenn dieser mit 8,50 pro Stunde vergütet würde.
Derweil kommt ein Gutachten im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Wirtschafts- und Sozialforschungsinstituts der Hans-Böckler-Stiftung zu dem Ergebnis, dass Ausnahmen vom Mindestlohn einen »Verstoß gegen das Grundgesetz, gegen das Recht der Europäischen Union und gegen das Völkerrecht« darstellten. Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano sagte, Ausnahmen seien nur für Pflichtpraktikanten, Auszubildende und Ehrenamtliche gerechtfertigt, »da diese Personen in keinem Arbeitsverhältnis stehen«.
Linksfraktionsvize Klaus Ernst sagte, Ausnahmen vom Mindestlohn müssten tabu bleiben. Wanka solle lieber dafür sorgen, dass die Wirtschaft genug Ausbildungsplätze zur Verfügung stelle.
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