Diese Monotonie

Bundesumweltministerium veröffentlicht Bericht zum Zustand der Natur in Deutschland

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will die Weichen für mehr Naturschutz in Deutschland stellen. Umweltverbände mahnen vor allem eine neue Landwirtschaftspolitik an.

»Der Natur geht es in manchen Teilen besser. Wir haben zum Beispiel wieder mehr Wildkatzen oder Seeadler. Hier zeigt sich, dass im Naturschutz Erfolge möglich sind. In anderen Bereichen geht es der Natur dagegen besorgniserregend schlecht. So leiden viele Arten wie Schmetterlinge oder Bienen darunter, dass blütenreiche Wiesen in Maisäcker umgewandelt werden«, fasste Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch in Berlin die Ergebnisse des Berichts »Die Lage der Natur in Deutschland« zusammen.

Die Aussagen der Ministerin stützen sich auf einen im Naturschutz bislang einmaligen Datenschatz: In rund 12 000 Stichproben haben Naturschützer und Behörden bundesweit den Zustand jener Tiere, Pflanzen und Lebensräume erforscht, die im Rahmen der europäischen FFH- und Vogelschutzrichtlinien geschützt sind. 25 Prozent der untersuchten Arten sind in einem günstigen Erhaltungszustand, darunter der Biber, die Kegelrobbe oder der Steinbock. 29 Prozent sind in einem schlechten Zustand, das betrifft vor allem Schmetterlinge, Amphibien und wandernde Fischarten. Bei den Lebensräumen sind 28 Prozent in einem günstigen Zustand, vor allem die Wälder haben sich stabilisiert. In einem schlechten Zustand befinden sich insgesamt 31 Prozent der untersuchten Lebensräume, besonders Wiesen und Weiden.

Ein zentrales Problem sieht Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, dabei in der Landwirtschaft und im Zustand der Flussauen. »Die landwirtschaftlich genutzten Lebensräume sind aus Naturschutzsicht überwiegend in einem schlechten Zustand«, sagte Jessel.

Zwar sei der Naturschutz Ländersache, doch sieht Ministerin Hendricks auch für den Bund noch Spielraum für Verbesserungen. Als Beispiel nannte sie ein neues Programm zum »Präventiven Hochwasserschutz«, an dem das Bundesumweltministerium derzeit mit den Ländern arbeite. Wenn man den Flüssen mehr Raum gebe, sei das gut für Hochwasserschutz und Naturschutz gleichermaßen. »Ich bin dafür, dass wir den ökologisch wertvollen Maßnahmen, den Deichrückverlegungen und der Renaturierung von Flussauen beim Hochwasserschutz Priorität einräumen«, so die Ministerin.

Überraschend einig ist sich die Ministerin bei ihrer Einschätzung der Probleme im Bereich der Landwirtschaft mit den Umweltverbänden. Die Landwirtschaft ist für 54 Prozent der Landfläche in Deutschland verantwortlich. Und gerade dort sei der Anteil artenreicher Biotope auf fast ein Zehntel geschrumpft, kritisiert der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Selbst in Schutzgebieten werde Grünland in Ackerfläche verwandelt. Überdüngung und Pestizide tun ein Übriges. Der BUND-Vorsitzende Huber Weiger wirft vor allem den Bundesländern ein Versagen beim Artenschutz vor. Der Pestizideinsatz müsse verringert und die Düngeverordnung nachgebessert werden. »Und statt zu kürzen, muss der Ökolandbau stärker gefördert werden«, forderte Weiger.

Erforderlich sei auch, EU-Gelder aus den dafür vorgesehenen Programmen für die naturschonende Agrar- und Regionalförderung zu verwenden. Die Bundesländer müssten zusätzliche personelle Kapazitäten schaffen, den Vertragsnaturschutz finanziell besser ausstatten und die Einhaltung der Naturschutzgesetze strenger kontrollieren. Auch Ministerin Hendricks will im Rahmen der Agrarreform die Weiden und Wiesen besser vor einer Umwandlung in Äcker schützen. Man darf gespannt sein, wie sie dieses Ziel innerhalb des Bundeskabinetts durchsetzen will.

Dieses Problem sieht offenbar auch die Umweltstiftung WWF. Der Naturschutz, so fordert der WWF, müsse stärker in wichtige Politikfelder wie Agrar-, Finanz- und Verkehrspolitik integriert werden. »Bauern und Waldbesitzern muss klar gemacht werden, dass die Natur ihr Kapital darstellt und es in ihrem wirtschaftlichen Interesse liegt, es zu erhalten«, meint Eberhard Brandes, Vorstand des WWF Deutschland.

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