Angekratzte These vom »Peak Oil«

Der Verfall der Ölpreise macht deutlich: Es gibt trotz schwindender Ressourcen ein Überangebot auf dem Weltmarkt.

»Peak Oil« (etwa: Scheitelpunkt bei der Ölförderung) lautet der Kampfbegriff von Kritikern der auf Ausbeutung fossiler Rohstoffe beruhenden Wirtschaftsweise. Die These, dass die Förderung irgendwann ihr Maximum erreicht und dann nur noch rückläufig sein wird, hat einen besonderen Charme, denn sie erlaubt nur zwei Alternativen: Entweder müssen Politik und Wirtschaft einen geplanten Ölausstieg vollziehen oder es kommt zu einer Apokalypse aus exorbitant steigenden Preisen, zunehmenden Versorgungsengpässen und sich verschärfenden kriegerischen Auseinandersetzungen um die schwindenden Ölquellen. Viele »Peak-Oil«-Anhänger gehen davon aus, dass der Scheitelpunkt der Förderung unmittelbar bevorsteht oder bereits überschritten ist. Das Experten- und Politikernetzwerk Energy Watch Europe hatte »Peak Oil« gar auf das Jahr 2006 datiert und rechnet mit einem Rückgang der weltweiten Erdölförderung bis 2030 um etwa 40 Prozent.

Die Wirklichkeit straft solche Thesen gerade Lügen. Durch den Schwellenländerboom wächst die weltweite Nachfrage nach Öl von Jahr zu Jahr - doch sie kann von den Förderländern befriedigt werden und im vergangenen halben Jahr ist auch noch der Preis um rund 30 Prozent gesunken. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) betrug die durchschnittliche Tagesförderung im Oktober 94,2 Millionen Barrel - ein neuer Rekord. Zwar geht die IEA aufgrund des schwachen Weltwirtschaftswachstums, zunehmender Energieeffizienzanstrengungen und des Trends hin zu alternativen Antrieben von einem leichten Rückgang im kommenden Jahr aus, sie erwartet aber einen Anstieg auf 104 Millionen Barrel pro Tag bis 2040.

Was stimmt nun? Es ist natürlich eine Tatsache, dass alle fossilen Rohstoffe auf der Erde endlich sind und bei dauerhafter Nutzung das Öl irgendwann zur Neige geht. Auch dass der größte Teil der leicht zugängigen Vorräte bereits aus dem Boden geholt ist, stimmt. Freilich gibt es noch riesige Mengen an bekannten und vermutlich auch unbekannten Ölvorkommen. Doch lagern diese außer im Mittleren Osten unter dem Tiefsee-Meeresboden oder an Land in schwer zugänglichen Gegenden und in Schiefergestein. Auf die Menge, die gefördert wird, haben zahlreiche Faktoren Einfluss: Entwicklung des Ölpreises, kapitalkräftige Investoren, internationale Konflikte, technische Entwicklung, Auftauen des Permafrostbodens, Energiewende im Verkehrssektor etc. Prognosen sind daher mit vielen Risiken behaftet. Kein Wunder, dass sich Großspekulanten auf den Ölmarkt stürzen und für immer stärker schwankende Preise sorgen.

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