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Karl-Eduard von Schnitzler, Kommentator

  • Lesedauer: 2 Min.

Am 30. Oktober 1989 kurz vor 22 Uhr war der »Schwarze Kanal« Geschichte. Mit der seit 1960 jeden Montagabend über die Bildschirme des DDR-Fernsehens flimmernden Sendung hatte es Chefkommentator Karl-Eduard von Schnitzler auf 1519 Ausgaben gebracht. In denen setzte er sich mit dem Westfernsehen im Allgemeinen und Bonner Politikern im Besonderen auseinander: bissig immer, beleidigend oft, belegt mit Schnipseln aus Interviews und Talkrunden. Dass er als Kalter Krieger in die Geschichte einging, hat den Mann vermutlich weit weniger gestört als die Tatsache, dass seine ihm in nichts nachstehenden Gegenspieler mit derlei Vorwürfen kaum konfrontiert wurden. Schnitzler, der beim TV-Abschied versicherte, seine Arbeit als Kommunist und Journalist fortsetzen zu wollen, bekam für Ersteres in der DKP bis zu seinem Tod 2001 eine neue Heimat, für Letzteres aber keine Gelegenheit mehr. Auch die, die vor 25 Jahren für eine bessere DDR stritten, hatten die Nase voll von seinem ideologischen Nicht-Reiseführer durch den anderen deutschen Staat - und kannten überdies meist die vollständigen Politsendungen, aus denen Schnitzler agitatorisch schöpfte.

Dabei hätte der Mann, der allwöchentlich den Bundesadler von den Antennen stürzen ließ, mit Biografie wie Begabung durchaus das Zeug zur Differenzierung haben können. 1918 als Sohn eines Generalkonsuls geboren, schloss er sich 14-jährig der Sozialistischen Arbeiterjugend an, brach das Medizinstudium ab, weil er nicht in den NS-Studentenbund wollte, kontaktierte als Wehrmachtssoldat die Résistance, kam in britische Kriegsgefangenschaft, arbeitete bei der BBC, beim Rundfunk in Hamburg und ging 1948 in die sowjetische Besatzungszone. oer

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