Ghanis Fall der Fälle
Roland Etzel zu einer kühnen These des afghanischen Präsidenten
Im Falle von Fortschritten müsse es die Bereitschaft geben, eine Frist erneut zu prüfen. Die Aussage des afghanischen Präsidenten Ghani war gemünzt auf die neue zweijährige Stationierungszeit der 12 000 vor allem US-amerikanischen Soldaten in Afghanistan. Da diese gerade begonnen hat, ist es schon erstaunlich, dass das neue Staatsoberhaupt darauf zu sprechen kommt.
Offensichtlich meint Ghani sogar, eine Verkürzung der Frist in Aussicht stellen zu können - »im Falle von Fortschritten«. Wo er diese, wenn damit Frieden im Land gemeint sein sollte, auch nur andeutungsweise sieht, verrät der Kabuler Präsident allerdings nicht. Neue Kämpfe mit Aufständischen und tödliche US-Luftangriffe im Landesosten lassen eher das Gegenteil vermuten. Sind eigentlich die Taliban die Hauptgefahr für Ghanis Macht oder doch sein Stichwahl-Konkurrent Abdullah, dem er erst nach monatelangem Ringen seine Deutung des Urnengangs aufzwang? Auch das eine offene Frage.
Recht dunkel ist also der Rede Sinn vom Fall der Fälle. Vielleicht liegt er ja darin, dass Ghani sich in einem US-Sender äußerte. Die öffentliche Meinung in Nordamerika über den längsten US-Kriegseinsatz ist nicht eben positiv. Und 2016 wird gewählt. Da werden sich die Kontrahenten darin übertreffen zu erklären, wie man am günstigsten aus Afghanistan rauskommt. Vielleicht möchte Ghani da ein klein wenig um gut Wetter bitten.
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