Eines der teuerstes Rüstungsprojekte der nächsten Jahrzehnte

»Süddeutsche Zeitung« berichtet über Meads-Pläne der Bundeswehr / Verteidigungsministerium: Entscheidung werde »erst wie bereits angekündigt bis Ende des zweiten Quartals« fallen

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Berlin. Im Bundesverteidigungsministerium ist laut einem Zeitungsbericht die Entscheidung über eines der größten und teuersten Rüstungsvorhaben des nächsten Jahrzehnts gefallen. Wie die »Süddeutsche Zeitung« am Freitag berichtete, soll der Nachfolger für das Flugabwehrraketen-System Patriot von der Firma MBDA kommen, die das gemeinsam mit dem US-Rüstungskonzern Lockheed Martin entwickelte System Meads zur Serienreife bringen solle. Damit hätte der Patriot-Hersteller Raytheon das Nachsehen, der mit einer modernisierten Variante seines Systems im Rennen gewesen sei.

Die Entscheidung zum sogenannten Taktischen Luftverteidigungssystem, kurz TLVS, gilt laut »SZ« als eine der wichtigsten rüstungspolitischen Weichenstellungen der Legislaturperiode. Bei dem Auftrag, für den noch etwa vier Milliarden Euro fällig würden, handele sich zugleich um die erste große eigenständige Beschaffungsentscheidung in der Amtszeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Das System Meads (Medium Extended Air Defense System) hat dem Bericht zufolge eine lange und wechselhafte Vorgeschichte. An der Entwicklung waren demnach die USA, Deutschland und Italien beteiligt, der Bundestag brachte die deutsche Beteiligung vor einem Jahrzehnt auf den Weg. Die USA entschieden später jedoch, das System nicht beschaffen zu wollen.

Auch die Bundeswehr, so teilte es das Verteidigungsministerium laut »SZ« 2011 mit, werde Meads in absehbarer Zeit nicht beschaffen. Deutschland hat in das System dem Bericht zufolge bereits gut eine Milliarde Euro investiert.

Die »SZ« schreibt weiter, wegen des industriepolitischen Hintergrunds habe es aber »aus dem parlamentarischen Raum starken Druck auf von der Leyen und ihre Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder« gegeben, Meads auszuwählen. Formal entscheide Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker darüber. Die Befürworter machten demnach geltend, dass es dabei auch um Arbeitsplätze gehe.

Nach »SZ«-Informationen wurde bei einer Sitzung im Ministerium, an der in der vergangenen Woche neben Staatssekretärin Suder unter anderem die Abteilungsleiter für Rüstung und Planung teilnahmen, folgendes Vorgehen besprochen: Zwar solle Meads den Zuschlag bekommen, aber »unter strengen Bedingungen«. So solle der Hersteller auf dem Weg zur Beschaffungsreife immer wieder nachweisen müssen, dass er im Plan ist und technologisch, zeitlich sowie finanziell die Vorgaben erfülle.

Sollte sich zwischendurch erweisen, dass die MBDA scheitert, hätte die Politik bei diesem Vorgehen immer noch die Möglichkeit auszusteigen. Außerdem solle laut Ministeriumskreisen der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin so weit wie möglich eingebunden werden, um dessen technologisches Potenzial zu nutzen.

Das Ministerium wollte die Informationen auf Anfrage der Zeitung nicht bestätigen oder kommentieren. Die Entscheidung werde »erst wie bereits angekündigt bis Ende des zweiten Quartals« fallen, sagte ein Sprecher dem Bericht zufolge. Das Ministerium sei »nach wie vor mit allen Herstellern im Gespräch«. dpa/nd

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