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Ebola-Epidemie noch nicht beendet

Ärzte ohne Grenzen fordern bessere staatliche Reaktionen auf Gesundheitskrisen

Die Ebola-Epidemie ist schon lange aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden – weil der Ausbruch in Westafrika mittlerweile unter Kontrolle ist? Mitnichten! Hilfsorganisationen schlagen Alarm.

Die Ebola-Epidemie ist schon lange aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden - weil der Ausbruch in Westafrika mittlerweile unter Kon-trolle ist? Mitnichten, sagen Vertreter von Hilfsorganisationen, die noch immer tausende Mitarbeiter vor Ort im Einsatz haben: »Die Situation bleibt besorgniserregend«, sagte Volker Westerbarkey, Vorstandsvorsitzender von Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières - MSF) in Deutschland, bei der Jahrespressekonferenz der Organisation am Freitag in Berlin. Zwar sei die Epidemie in Liberia offenbar beendet, doch in Guinea und Sierra Leone seien zuletzt Neuinfektionen in Gebieten entdeckt worden, in denen wochenlang keine Fälle bekannt waren. Dies deute auf »bislang unbekannte Übertragungsketten« hin, so Westerbarkey, der selbst Arzt ist.

Seine Organisation warnt, die internationale Gemeinschaft müsse aufpassen, dass sie Ebola »nicht noch einmal unterschätzt«. Vor allem gelte es, aus dem Versagen in den drei westafrikanischen Staaten zu lernen. Die humanitäre Katastrophe mit mehr als 11 000 offiziell registrierten Todesopfern habe deutlich gemacht, dass »die Welt ganz schlecht auf medizinische Nothilfe vorbereitet ist«, wie es der MSF-Vorsitzende ausdrückte. Daher sollte die lokale Gesundheitsversorgung in armen Staaten gestärkt werden. Ferner müsse die internationale Gemeinschaft künftig »schnell und umfassend« auf Gesundheitskrisen reagieren. Nötig sei zudem die Einrichtung eines internationalen Fonds, der Mittel für die Medikamentenforschung bei Krankheiten bereitstellt, die von den Pharmaunternehmen wegen geringer Profitaussichten vernachlässigt werden.

Bei der Ebola-Epidemie in die Bresche springen mussten wegen des staatlichen Versagens private Hilfsorganisationen wie die Ärzte ohne Grenzen, deren deutsche Sektion 2014 glücklicherweise auch einen Anstieg der Spenden um mehr als ein Drittel auf 113 Millionen Euro verzeichnete. MSF hatte auf dem Höhepunkt der Epidemie 4000 einheimische und internationale Mitarbeiter in Westafrika in 17 Behandlungszentren im Einsatz. Man stand vor der schweren Entscheidung, Mitarbeiter aus anderen Regionen abzuziehen, obwohl diese dort ebenfalls gebraucht wurden. »Ebola«, sagt Westerbarkey, »hat uns an die Grenze der Belastbarkeit gebracht - und darüber hinaus.« Das Arbeiten bei großer Hitze in Schutzanzügen sei kräfteraubend. Neben der ärztlichen Versorgung gehörten die epidemiologische Überwachung des Ebola-Ausbruchs, die Verteilung von Hygieneausrüstungen und selbst Beerdigungen zu den Aufgaben des medizinischen Personals. Es habe auch Situationen gegeben, in denen todkranke Patienten in den überfüllten Einrichtungen abgewiesen werden mussten, berichtet Westerbarkey. Insgesamt hat die Organisation seit Beginn der Epidemie mehr als 9000 Patienten mit Verdacht auf eine Ebola-Infektion aufgenommen, von denen sich über 5000 tatsächlich infiziert hatten. Etwa die Hälfte von ihnen habe überlebt. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen hätten sich auch 28 vor allem einheimische MSF-Mitarbeiter angesteckt, 14 seien gestorben.

Obwohl sich die Augen der Weltöffentlichkeit 2014 vor allem auf die Ebola-Epidemie richteten, gab es drei von Bürgerkriegen geschüttelte Länder mit noch größeren medizinischen Programmen des internationalen Netzwerks von Ärzte ohne Grenzen: die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan. Vor allem in letzterem Staat gibt es Regionen ohne jegliche staatlichen Sozialstrukturen. Dort sind MSF-Mitarbeiter für die allgemeine Gesundheitsversorgung zuständig und verteilen sogar Nahrungsmittel. Und der Bedarf wird sich noch erhöhen: Laut Berichten von vor Ort war wegen der Kämpfe in weiten Landesteilen keine Aussaat möglich - das Hungerproblem in Südsudan dürfte sich in nächster Zeit noch verschärfen.

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