Linkenpolitiker: Gabriel spaltet die SPD

Korte: Mit Ja zu Vorratsdatenspeicherung wird sozialdemokratisches Erbe weit unter Wert verkauft / Jusos: Akzeptieren Votum des Parteikonvents, bleiben aber Gegner

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Linkenpolitiker Jan Korte sieht nach dem Ja des SPD-Konvents zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung den sozialdemokratischen Parteichef auf dem Weg zur »Vizekanzlerkandidatur 2017«. Die SPD-Führung sei dabei, »die Partei endgültig zu entkernen. Wie Sigmar Gabriel 2017 überhaupt noch als Widerpart zu Union und Kanzlerin wahrgenommen werden soll, weiß er wohl selbst nicht mehr«, so Korte. Ob die knappe Mehrheit, die Gabriel auf dem Konvent für »sein Anliegen bekommen hat, als Erlaubnis ausreicht, das sozialdemokratische Erbe weit unter Wert zu verkaufen, muss die SPD-Basis mit ihrer Führung ausmachen«.

Der Linken-Abgeordnete und Fraktionsvize kritisierte, dass die SPD die Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung »im Vorfeld öffentlich mit der Regierungsfähigkeit und dem Schicksal der Parteiführung in Verbindung gebracht« habe. Dennoch habe es für Gabriel »nicht einmal zu einer überzeugenden Mehrheit gereicht. Die Verantwortung für diese tiefe Spaltung der SPD trägt deren Führung«. Die von Sozialdemokraten »vor vielen Jahrzehnten unter großen Opfern miterkämpften Grundrechte sollten ihren Nachfolgern wertvoller sein als imaginäre Regierungsfähigkeitszertifikate«, warnte Korte. Mitglieder der SPD, »die diesen Umgang mit den Grund- und Freiheitsrechten« nicht in ihrem Namen geschehen lassen wollen, würden in der Linkspartei »einen verlässlichen Partner« finden, um politischen und gesellschaftlichen Widerstand zu leisten, so der Linkenpolitiker.

Bei dem kleinen SPD-Parteitag in Berlin war nach einer monatelangen, erbitterten Debatte grünes Licht für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gegeben worden. Damit setzte sich Gabriel durch. Es gab 124 Ja-Stimmen, 88 Delegierte lehnten das Vorhaben ab. Sieben Delegierte enthielten sich. »Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit und keine Sicherheit ohne Freiheit«, begründete der Parteichef seine Position. Die Parteispitze hatte zuvor den Delegierten ein Ja noch durch ein Mini-Zugeständnis erleichtert: Nach zwei bis drei Jahren soll die umstrittene Neuregelung evaluiert werden. Dagegen hat nach Gabriels Worten auch CDU-Bundesinnenminister Thomas de Maizière nichts einzuwenden.

Die Beratungen wurden von massiven Protesten gegen die geplante Datenspeicherung begleitet. Aktivisten des Netzwerks Campact sagten lautstark »Nein zum gläsernen Bürger« und stellten ein riesiges Spähfernrohr vor der SPD-Zentrale auf. »Meine Daten gehören mir«, verlangte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Juso-Chefin und Vorratsdatenspeicherungs-Gegnerin Johanna Uekermann stellte zwar klar: »Natürlich werde ich den Beschluss des Parteikonvents respektieren«. Sie fügte aber auch hinzu, an der Ablehnung des Datensammelns halte sie fest. Auch Berlins Landeschef Jan Stöß bekräftigte seine Kritik.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Ressortchef Roger Lewentz (SPD), hat das SPD-Votum für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung dagegen begrüßt. Damit bekämen die Sicherheitsorgane ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung schwerster Straftaten und des Terrorismus an die Hand, erklärte der SPD-Politiker. Es sei die Aufgabe des Staates, Gefährdungen von Leib und Leben der Bevölkerung so weit wie möglich auszuschließen. »Ich habe mich aus diesem Grund immer für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung unter strengen Regeln und klaren rechtlichen Grenzen ausgesprochen«, betonte Lewentz. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) habe mit seinem Gesetzentwurf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Freiheit der Bürger und Wehrhaftigkeit der Demokratie gefunden. Agenturen/nd

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