Einladung an Spekulanten
Kurt Stenger über die Schnapsidee einer Insolvenzordnung für Eurostaaten
Dass an der EU-Währungsunion angesichts der nicht endenden Griechenland-Krise etwas nicht stimmt, ist ein Gemeinplatz. Auch unter deutschen Ökonomen schießen Ideen ins Kraut. Der neoliberale Mainstream hat sich nun mit einem Vorschlag zu Wort gemeldet, der schon deshalb gewichtig werden dürfte, weil ihm der Beifall von Wolfgang Schäuble gewiss ist: Arme Defizitländer sollen von den Finanzmärkten härter diszipliniert werden. Eine Insolvenzordnung, so die Meinung von vier der fünf Wirtschaftsweisen, würde dazu führen, dass nur noch die Staaten Kredite zu niedrigen Zinsen bekommen, die mittels Austeritätspolitik ihre Haushalte »sanieren«.
Eigentlich unglaublich, dass Ökonomen wenige Jahre nach Ausbruch der Weltfinanzkrise schon wieder behaupten, dass das freie Spiel der Märkte die Wirtschaft in Ordnung bringt. Dabei hatten mächtige Spekulationen gegen schwache Südländer und den Euro die ganze Staatsschuldenkrise erst ausgelöst. Eine Währungsunion kann nur dann stabil sein, wenn sie im Krisenfall gemeinschaftlich agiert - gerade an einer koordinierten Wirtschaftspolitik fehlt es dem Euroraum bisher. Wenn man jedoch einzelne Mitglieder knechtet und ihnen auch noch mit dem Rauswurf droht, dann wirft man sie praktisch den Märkten zum Fraß vor. Der Euroraum würde so den Spekulanten auf dem silbernen Tablett serviert.
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