Juncker plant Umverteilung
Quotenschlüssel für 120 000 Flüchtlinge
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will an diesem Mittwoch offiziell einen Notfallplan zur Flüchtlingsaufnahme der Mitgliedsstaaten vorstellen. Vorab sickerte durch, dass die EU so über die nächsten zwei Jahre weitere 120 000 Flüchtlinge auf die Staaten umverteilen will.
In seiner Rede ››Zur Lage der Union‹‹ vor dem Europäischen Parlament in Straßburg wird Juncker seine Pläne erläutern, wonach Flüchtlinge gemäß einem verbindlichen Quotenschlüssel auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden sollen. Kurzfristig sollen die Länder entlastet werden, die akut die große Zahl ankommender Flüchtlinge nicht bewältigen können, vor allem Italien, Griechenland und Ungarn. Langfristig soll innerhalb der EU verbindlich geregelt werden, wie in solchen Notlagen eine Umverteilung möglich wird. Somit läuft der Plan auf eine erhebliche Änderung des Dublin-Systems hinaus, welches Flüchtlinge dazu zwingt, in dem Land Asyl zu beantragen, in dem sie zuerst die EU betreten haben.
Die genaue Anzahl der Flüchtlinge, die jedes Land verbindlich aufnehmen soll, wird über einen Schlüssel ermittelt, welcher die Wirtschaftskraft, die Bevölkerungsgröße, die Arbeitslosenquote und die Anzahl der bisher aufgenommenen Flüchtlinge mit in Betracht zieht. Deutschland soll demnach rund ein Viertel, nämlich 31 443 Menschen aufnehmen, Frankreich 24 031. Mitgliedsstaaten, die sich nicht in der Lage sehen, Flüchtlinge aufzunehmen, sollen die Möglichkeit erhalten, bis zu einem Jahr Ausgleichszahlungen zu leisten. Bereits im Juni einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten darauf, 40 000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland umzuverteilen - das EU-Parlament beratschlagt darüber im Anschluss an Junckers Rede.
Die Solidarität aller fordert auch Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt (SPD). Von Juncker erwartet Roth ››klare Ansagen‹‹ an alle Hauptstädte: »Wir überfordern niemanden, aber wir erwarten, dass alle im Rahmen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Leistungsfähigkeit einen Beitrag leisten«, sagte Roth am Dienstag im rbb-Inforadio.
Gegen Ausgleichszahlungen spricht sich Ska Keller, migrationspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im EU-Parlament, aus: ››Es soll sich keiner freikaufen können.‹‹ Keller fordert, dass auch die Bedürfnisse und Anknüpfungspunkte der Flüchtlinge berücksichtigt werden müssen. Wer bereits Familie in einem Mitgliedsstaat habe oder die Sprache spreche, solle möglichst auch dorthin umgesiedelt werden. Keller fordert außerdem die Schaffung sicherer und legaler Einreisemöglichkeiten.
Vor allem aus Osteuropa kommen kritische Stimmen, die eine feste Quote ablehnen. Doch auch Dänemark, Großbritannien und Irland verweigern sich jeglicher EU-Koordination. Am 14. September halten die EU-Innenminister ein Sondertreffen zur Flüchtlingspolitik ab. Dabei werden auch die Kommissionspläne eine Rolle spielen. Mit Agenturen
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