Zschäpe-Verteidiger beantragen Entlassung

NSU-Prozess: Angeklagte beantwortet Fragen des Senats

  • Lesedauer: 2 Min.
Beate Zschäpe will im NSU-Prozess umfassend aussagen - und sogar Fragen des Gerichts beantworten. Zschäpes ursprüngliche Anwälte waren in diese Pläne allerdings nicht eingeweiht.

München. Die drei Alt-Verteidiger von Beate Zschäpe im Münchner NSU-Prozess wollen von ihren Mandaten entbunden werden. Hintergrund ist die Ankündigung vom Vortag, dass die mutmaßliche Neonaziterroristin an diesem Mittwoch erstmals aussagen will. Die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm begründeten ihren Antrag am Dienstag vor dem Münchner Oberlandesgericht damit, dass eine Verteidigung »im Sinne der Interessen unserer Mandantin« künftig nicht mehr möglich sei. »Unsere Verteidigerbestellungen sind nur noch Fassade und dienen erkennbar nur der Aufrechterhaltung des Scheins einer ordnungsgemäßen Verteidigung«, erklärte Heer. Nach einem Antrag der Alt-Verteidiger kündigten die Anwälte des Mitangeklagten Ralf Wohlleben einen Befangenheitsantrag gegen den Strafsenat des Münchner Oberlandesgerichts an.

Die drei Anwälte hatten nach eigenen Angaben erst am Montag aus den Medien erfahren, dass Zschäpes vierter Anwalt Mathias Grasel am Mittwoch eine Erklärung der Angeklagten verlesen will. Damit würde Zschäpe ihr mehr als zweieinhalbjähriges Schweigen brechen. Grasel kündigte am Dienstag außerdem an, dass man auch auf Nachfragen eingehen werde - jedoch nur auf Fragen des Senats, nicht auf Fragen der Opferanwälte. Wer auf die Nachfragen antworten wird - Zschäpe persönlich oder er - ließ Grasel zunächst offen.

Der Streit zwischen Zschäpe und den drei Anwälten tobt bereits seit Monaten. Zschäpe versuchte mehrfach vergeblich, die drei loszuwerden. Aber auch Heer, Stahl und Sturm scheiterten im Juli schon einmal mit einem Antrag, von ihren Pflichtmandaten entbunden zu werden.

Zschäpe ist als Mittäterin der zehn Morde, zwei Bombenanschläge und fünfzehn Banküberfälle, die dem »Nationalsozialistischen untergrund« (NSU) vorgeworfen werden, angeklagt sowie in einem Fall der schweren Brandstiftung. Der von der Bundesanwaltschaft erhobene Vorwurf der Mittäterschaft fußt darauf, dass sie für ihr Leben im Untergrund zusammen mit den 2011 ums Leben gekommenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den äußeren Schein eines normalen Lebens aufrecht erhalten haben soll.

Der zweite Untersuchungsausschuss im Bundestag zum NSU soll noch im November in die Arbeit einsteigen. Nach der für Mittwoch geplanten Einsetzung sollen bereits bei der konstituierenden Sitzung am 25. November Beweisbeschlüsse gefasst werden, wie die Abgeordnete der Linken Petra Pau mitteilte. Besonderes Augenmerk will der Ausschuss auf die Rolle der V-Leute richten. Es gibt große Zweifel daran, dass die Behörden von V-Leute keinerlei Hinweise auf den NSU bekommen haben. Agenturen/nd

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