Islamisten-Netzwerk in Europa gesprengt

13 Verhaftungen bei Razzien in mehreren Ländern / Anführer Mullah Krekar in Norwegen sollte angeblich freigepresst werden

  • Lesedauer: 3 Min.
Bei einer Razzia gegen ein Netzwerk von Islamisten in Europa sind mindestens 13 Verdächtige festgenommen worden.

Rom. Wie die italienische Polizei am Donnerstag mitteilte, wollten die 13 festgenommenen mutmaßlichen Islamisten »Anschläge verüben, auch Selbstmordanschläge, um ihren Chef freizubekommen, Mullah Krekar«. Der Mitbegründer der irakischen Islamistengruppe Ansar al-Islam, die auf der Terrorliste der USA und der UNO steht, wurde in Norwegen erst kürzlich erneut zu einer Haftstrafe verurteilt.

Nach Angaben der italienischen Polizei wurden nun Haftbefehle gegen 16 Kurden und einen Staatsangehörigen Kosovos erlassen, die Schüler des 59-jährigen Predigers Krekar sein sollen. Sechs Mitglieder des Netzwerks wurden demnach in Italien festgenommen, vier in Großbritannien, drei in Norwegen. Laut Polizeichef Giovanni Governale erstreckte sich das Netzwerk auch auf Deutschland, die Schweiz und Finnland. Haftbefehle richteten sich demnach auch gegen Verdächtige, die zum Kampf für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) nach Syrien und Irak gereist sind.

Zu den möglichen Plänen der Gruppe sagte Governale, sie habe Diplomaten angreifen wollen, insbesondere norwegische Diplomaten, um ihren Anführer freizubekommen. Einige hätten auch Selbstmordanschläge in Erwägung gezogen, doch habe es kein konkretes Projekt gegeben, fügte er hinzu.

Nach seinen Worten versuchte die Gruppe zudem, zahlreiche ausländische Kämpfer nach Syrien und Irak zu schicken. Governale von der italienischen Spezialeinheit ROS hob hervor, dass in Italien im Vorfeld des von Papst Franziskus verkündeten Heiligen Jahres alles kontrolliert werde, was ein Anschlagsrisiko bergen könnte, da ab Dezember Millionen Pilger in Rom erwartet würden.

Das Islamisten-Netzwerk habe sich im »Dark Web« entwickelt, ein versteckter Bereich des Internets, gab Governale weiter bekannt. Die Razzia gegen die Islamisten wurde aber von Den Haag aus koordiniert, dem Sitz der europäischen Stelle für Justizzusammenarbeit Eurojust.

Dem kurdischen Iraker Mullah Krekar, dessen ursprünglicher Name Nadschmeddin Faradsch Ahmad lautet, droht in Norwegen seit 2003 die Auslieferung an Irak. Diese wurde bisher aber nicht vollzogen, weil gegen ihn in Irak die Todesstrafe verhängt werden könnte. Auch gegen ihn richtete sich ein Haftbefehl, obwohl er in Norwegen ohnehin schon unter Kontrolle der Justiz ist. Zuletzt war er Ende Oktober wegen Drohungen und Anstachelung zur Gewalt in Norwegen erneut zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Krekar lebt seit 1991 in Norwegen.

Nach eigenen Angaben ist Krekar seit Mai 2002 nicht mehr Anführer von Ansar al-Islam. Die Gruppe aus dem überwiegend kurdisch-islamistischen Milieu verübte seit September 2003 zahlreiche Anschläge in Irak und galt lange als mit dem Terrornetzwerk Al-Qaida verbündet; ihr Ziel ist ein islamistischer Staat im kurdischen Norden des Landes.

Einer Erklärung aus Rom zufolge hatte das Netzwerk das Ziel, eine neue Generation irakischer Kurden zu »erziehen« und einen »gewaltsamen Aufstand gegen die ungläubigen Regime vorzubereiten, die die kurdischen Gebiete regieren«. AFP/nd

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