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Skepsis hinter den Deichen

Im Land des EU-Ratsvorsitzes macht der Rechtspopulist Wilders Druck

  • Annette Birschel
  • Lesedauer: 2 Min.
Tatkräftig wollen die Niederlande das Amt als EU-Ratspräsident angehen. Doch im eigenen Land nimmt die Europa-Skepsis zu.

Den Haag. Immer wenn es darauf ankommt, erinnern die Niederländer an ihre große Seefahrt-Tradition. So auch jetzt bei der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft für das kommende halbe Jahr: »Wir müssen Kurs halten«, mahnte der niederländische Außenminister Bert Koenders - als wäre die Europäische Union ein Schiff in schwerem Sturm.

Und so wirkt sie auch. Auf die Niederlande wartet eine schwere Aufgabe, prophezeite unlängst die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Den Haag. »Es wird ein entscheidender Vorsitz angesichts der vielen Probleme Europas wie Asylsuchende und Terrorismus.«

Die Niederländer wollen versuchen, die EU-Staaten in der Migrationsfrage auf eine Linie zu bringen. Das versprach bereits der rechtsliberale Premier Mark Rutte. Für dessen Kabinett sind vor allem die Sicherung der Außengrenzen und die gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten eine wichtige Forderung. Dazu müsse es endlich verbindliche Zusagen geben.

Doch wie wollen die Niederlande das erreichen? Ausgerechnet in dem Land hinter den Deichen blüht die Europa-Skepsis wie nie zuvor. Der Rechtspopulist Geert Wilders hat diesem Europa den Kampf angesagt und erzielt mit seinen scharfen Parolen in den Umfragen Spitzenwerte. Er ruft die Niederländer zum Widerstand gegen Flüchtlingsheime auf, fordert die Schließung der Grenzen und den Austritt aus der EU.

Das geht den meisten seiner Mitbürger zwar zu weit. Doch eine Mehrheit hat genug von der angeblichen Einmischung Brüssels in interne Angelegenheiten. Und viele Niederländer wollen auch ein Ende des Flüchtlingszustroms. 2015 meldeten sich rund 57 000 Asylbewerber in den Niederlanden - so viele wie nie zuvor.

Die Gespaltenheit der Niederlande ist fast schon ein Spiegelbild der Lage der EU. Darauf weist Den Haag auch in seinem Programm hin. So zwängen der Kampf gegen Terrorismus und der Flüchtlingszustrom zur Zusammenarbeit, auch gegen nationale Interessen. Wie die erreicht werden kann, bleibt unklar. »Jetzt ist Pragmatismus gefragt«, sagt die Außenbeauftragte Mogherini. Genau das können die Niederländer gut: Pragmatisch und nüchtern Kompromisse schließen. Die Frage ist, ob die Minister der anderen EU-Mitgliedsstaaten ebenso pragmatisch sein werden. dpa/nd

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